In eine andere Richtung gehen
Es sieht fast so aus, als falle die lateinamerikanische Operngeschichte in das Fachgebiet der Architektur. Denn wirklich berühmt sind allein zwei Häuser: das Teatro Amazonas in Manaus und das Teatro Colón in Buenos Aires. Und sie sind nicht für die dort gespielte Musik berühmt.
Im brasilianischen Manaus erklang fast 100 Jahre lang überhaupt keine Oper; in Buenos Aires gab es zwar zahlreiche Aufführungen europäischer und einheimischer Werke, aber der Mythos «Colón» knüpft sich eher an die fantastische Akustik des Hauses, an eine selbst für argentinische Verhältnisse außergewöhnliche Klientelpolitik und Finanznöte ohne Ende. Generaldirektoren kamen und gingen nach dem Drehtürprinzip, die 1500 Mitarbeiter hatten vorzugsweise ihre Unkündbarkeit bis zum Jüngsten Tag im Auge. Künstlerisch ereignete sich, abgesehen von europäischen Importen, wenig Bedeutsames.
Das Colón ist das steingewordene Symbol des Landes, in dem es steht, ein tragikomisches Miniatur-Argentinien, maßlos und unregierbar, über Jahrzehnte den wechselnden Autoritäten hoffnungslos ausgeliefert. Es war kein Zufall, dass das größte Bühnenwerk des nationalen Repertoires, Alberto Ginasteras «Bomarzo», hier Schiffbruch ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Juni 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 20
von Volker Tarnow
Das Hirn hat Beine, damit es tanzen kann. Unablässig bewegt es sich zu den sich ständig wiederholenden Klangmotiven, kommt dabei nicht von der Stelle, ausgestellt und ganz für sich. Unter den vielen Bildern, die Kay Voges in seiner Deutung von «Einstein on the Beach» präsentiert, ist das tanzende Riesenhirn das zentrale. Darin stecken viele Grundgedanken dieses...
Unter Kapellmeistern kursiert das Bonmot, Humperdincks «Hänsel und Gretel» sei die schönste Wagner-Oper. Und wer wäre berufener, dafür den Beweis zu erbringen, als Christian Thielemann, der mit seinem Wiener Dirigat beim Publikum Begeisterung auslöste und bei der Kritik überwiegend Zustimmung fand. Freilich wird man bei seiner Auslegung der Partitur weniger an das...
Der Name klingt lustig, irgendwie nach einer Dose für Lutschbonbons. Tatsächlich aber ist eine Dropbox ein externer Datenspeicher. Jochen Schönleber, Intendant der Rossini-Festspiele in Bad Wildbad, war so unklug, an einem solchen Aufbewahrungsort im Netz lose gereihte Sätze, Satzfetzen, einzelne Wörter abzulegen, die, wie er selbst sagt, für niemanden außer ihn...