In Amors Welt
Orpheus leidet mächtig. Der Styx besudelt ihn aus drei Eimern mit Wasser, Erde und Blut. Eurydike erweist sich als ebenso zickig wie begriffsstutzig, während Amor sein Vexierspiel treibt und das Liebespaar zurückpfeift, wenn ihm etwas nicht passt. Dieser schelmische Cupido bedient sich tatsächlich einer Trillerpfeife, mit der er auch gern die Musik zerschneidet. Man fühlt sich ein bisschen wie bei Hansa Rostock – was immerhin 2. Fußball-Bundesliga ist und insofern vielleicht besser als die Unterwelt.
Man fühlt sich aber leider auch wie bei der Schlagershow des NDR: Eurydike ergreift das Mikro und hält einen inhaltlich und sprachlich peinlichen Monolog zum Thema Liebe; das Orchester, eigentlich recht gut in Form, darf dazu den Reigen der seligen Geister abspulen. Auch das Finale wird kräftig aufgemotzt: Amor verteilt – zu Ballettmusik – Sichtkarten unters Hörervolk, das nun darüber abstimmen darf, ob das tragische Paar wirklich verloren ist oder noch eine zweite Chance erhalten soll. Das Votum fällt klar positiv aus und steht als instruktiver Irrtum eindeutig im Gegensatz zur tragischen italienischen Fassung, für die sich Greifswald entschieden hat.
Neudramaturgische ...
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Opernwelt Mai 2023
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Volker Tarnow
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