Im Schlachthaus
Rauchen, das weiß ein jedes Kind, ist ungesund. Aber stört das einen Oberpriester, der in direktem Kontakt mit der höchsten Instanz steht? Natürlich nicht. Also raucht Ramfis, dem Andreas Bauer Kanabas mit seinem markanten, grabesdunklen Bass furchterregende Präsenz leiht, eine nach der anderen.
Scheint nicht gut drauf zu sein, der Mann, der natürlich auch kein Oberpriester ist (schließlich sind wir in Frankfurt, wo die «Aida» seit der legendenumrankten Inszenierung von Hans Neuenfels 1981 jedwede Spiritualität lässig abgeschüttelt hat und Lydia Steier nun gleichsam in seine Fußstapfen tritt, um die Revolution der Verdi-Rezeption fortzusetzen), sondern ein Herr im Smoking samt Rose im Revers, allerdings mit erheblichem Suchtpotenzial. Kaum ist ein Glimmstängel verglüht, zieht er schon die nächste Droge aus seinen Taschen (wir vermuten: ein Aufputschmittel in Tablettenform) und schiebt sie sich zwischen die Zähne.
Die Inszenierung gibt der Figur weit mehr Raum, als sie im Original hat. Das aber mit gutem Grund. Der König von Ägypten (Kihwan Sim) ist ein todkranker Mann, dem zwei Assistentinnen unter die Arme greifen müssen, damit er sich überhaupt fortbewegen kann; er hat kaum noch ...
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Opernwelt Februar 2024
Rubrik: Im Fokus, Seite 8
von Jürgen Otten
Nun gut, wer bist du denn? – Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.» Mephistos kryptisch-dialektische Antwort auf Fausts Frage in Goethes Tragödie hat Generationen von Interpreten beschäftigt. Auch Michail Bulgakow, der das Zitat seinem satirischen Roman «Der Meister und Margarita» aus dem Jahr 1940 vorangestellt hat. Dort...
Wahrscheinlich kann man in keiner Münchner Edelboutique das mintgrüne Ungetüm von Kleid nebst turmhohem Federbusch erstehen, das Andrew Watts als Prinz Orlofsky im zweiten Akt trägt. Erst recht nicht die gelb-rosa-silbernen Blumenhauben, Dekolletés, Zylinder, Perlenschnüre und falschen Bärte, die Klaus Bruns dem Chor der Bayerischen Staatsoper verpasst hat. Barrie...
Mag sein, dass Karl Gottlieb Lappe schon vor mehr als zweihundert Jahren das erlebte, was inzwischen als «Nahtoderfahrung» auch die Wissenschaft zunehmend beschäftigt. Der Schöpfer jenes Gedichts «Im Abendrot», das in Schuberts Vertonung so weithin berührt, endet mit der Zeile, «... und dies Herz, eh es zusammenbricht, trinkt noch Glut und schlürft noch Licht»....