Heimatlos
Schöner war Hoffnung wohl nie: «Zieh Gedanke, auf gold’nen Schwingen, / zieh und ruhe auf Fluren und Hügeln! / Lass die Sehnsucht den Lauf dir beflügeln, / bis zu Zions Gebirge und Tal.» Mögen diese luziden Verse nicht jedem Erdenbürger vertraut sein, die Musik dazu ist es mit ziemlicher Gewissheit – das Fis-Dur-Largo aus Verdis «Nabucco» zählt zu den meistgesungenen Chören überhaupt. Auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper klingt der Gefangenenchor, der nicht selten Anlass zu religiös-politischen Manifesten bot, völlig anders – inwendiger, zurückgenommener.
Und er erklingt gleich zweimal: zunächst nobel, differenziert dargeboten durch den von Geflüchteten flankierten Chor des Hauses, dann noch einmal im dritten von vier Intermezzi, nunmehr ohne Orchester, vorsichtig vorgetragen vom «Projektchor Nabucco». «Va, pensiero» als humanistische Botschaft.
Denkwürdig wird die Botschaft, zumal im mondänen Ambiente einer Staatsoper, weil sie auf Pathos völlig verzichtet. Frauen, Männern und Kindern aus Syrien, Afghanistan, Ägypten und dem Iran, die vor wenigen Jahren nach Deutschland gekommen sind, wird hier die Gelegenheit gegeben, singend einem alles beherrschenden Gefühl freien Lauf ...
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Opernwelt Mai 2019
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Jürgen Otten
Was ist Musik? Tönend bewegte Form, wie Eduard Hanslick postulierte, der einflussreichste Musikpublizist des späten 19. Jahrhunderts? Ausdruckskunst, die alle Sinne überwältigt, wie Richard Wagner sie in seinen mythenschweren Longplay-Dramen konzipierte? Klingender Einspruch gegen den Lärm der global verschalteten Welt? Reine Gefühlssache? Ungreifbare...
Alma hätte gerne viel mehr gewollt, aber ihr Mann war nicht bereit, es ihr zu gewähren. Clara hingegen hätte gedurft, doch sie traute es sich nicht so recht zu. Unterschiedlicher hätten Alma Mahlers und Clara Schumanns eheliche Positionen als Tonschöpferinnen nicht sein können: Während Gustav Mahler das Komponieren seiner Frau mit Eifersucht beobachtete, suchte...
Jubilare
Giorgio Zancanaro studierte in seiner Geburtsstadt Verona bei Maria Palanda und wurde 1969 beim Wettbewerb «Voci Verdiane» in Busseto entdeckt. Sein Debüt gab der Bariton ein Jahr später als Riccardo in Bellinis «I puritani» in Mantua. Daraufhin rissen sich die großen Opernhäuser Italiens um ihn. Zancanaro gelang es, u. a. als Giorgio Germont in «La...
