Gerechter Himmel
Man liest es und staunt. «Angelica diabolica». Ist das nicht eigentlich ein Oxymoron, gewissermaßen eine contradictio in adiecto? Nicht nur, dass man sogleich Puccinis sehnende Schwester im Sinn hat, die von allem möglichen besessen sein mag (vor allem von der tatkräftigen Liebe), nicht aber vom Teufel: Schon das reine Wort hat doch eigentlich einen Engel im Sinn. Und selbst die Pflanzengattung dieses Namens gilt innerhalb der Familie der Doldenblütler trotz ihres nachgerade atomaren Aussehens doch eher als linderndes Elixier innerhalb der Fauna-Welt.
Was also ist hier los? Und wer eigentlich ist diese Angelica diabolica?
Giulia Semenzato heißt die junge Sängerin, die auf den Album-Fotos aus uns unerfindlichen Gründen einmal in einem tief dekolletierten, weißen Kleid am Strand entlangspaziert und ein weiteres Mal, auf einer Wiese stehend, sinnierend in die Sonne blinzelt, so als sei sie die italienische Antwort auf Lea Sedoux und Marion Cotillard. Aber im Ernst: Hier ist, trotz der übertriebenen Bild-Posen, eine Stimme zu entdecken, die großes Potenzial besitzt und in nicht nur einem Fall auffällig an die junge Cecilia Bartoli erinnert in ihrem Furor, ihrer technischen wie ...
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Opernwelt 7 2022
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 33
von Jürgen Otten
Benjamin Bernheim, der neue französische Tenorstar, widmet sein zweites Recital dem «Boulevard des Italiens». In Paris mit einer französischen Oper zu reüssieren, war seit den frühen 1770er-Jahren das Wunschziel jedes italienischen Komponisten. Die von Verdi sarkastisch als «grande boutique» apostrophierte Opéra geriet unter italienischen Einfluss, zugleich änderte...
Der Bischof und später kurzzeitig amtierende Kardinal Clemens August Graf von Galen (1878–1946) ist fast so etwas wie ein Münsteraner Heiliger. Ein Held – und doch ein eigentlich dem Nationalismus äußerst zugetaner Verdränger. Seliggesprochen wurde er 2005 «trotzdem». Im Nationalsozialismus war Galen großem politischen Druck ausgesetzt. In drei großen Predigten...
Johann Wolfgang von Goethe war nicht nur ein von Gott gesandter Dichter, er bekundete seine Souveränität auch im Umgang mit anderen Künsten, zumal der Musik. Beleg ist eine Sentenz, die sich in Goethes Gesprächen mit Eckermann unter dem Datum 11. März 1828 findet: «Denn was ist Genie anders, als jene produktive Kraft, wodurch Taten entstehen, die vor Gott und der...