Fulminant
Intellektuelles Lumpenproletariat, verloren in der Großstadtwüste. Gestrandete, die der unwahrscheinlichen Hoffnung nachhängen, dank ihrer Talente überleben zu können. Man verdingt sich mit Gelegenheitsjobs, wischt Spießbürgern eins aus, konsumiert illegale Drogen und nagt in schlecht geheizten Dachstuben am Hungertuch. Alles wie gehabt. Am harten Los des Künstlerdaseins, wie es Henri Murger in seinen «Scènes de la vie de bohème» schilderte, hat sich wenig geändert seit jenen Tagen, als Moderne und Industrialisierung in Paris Einzug hielten.
Der Stoff ist aktuell geblieben, man kann ihn auch heute noch mit ein paar marginalen Eingriffen inszenieren, ohne seinen voyeuristischen Reiz zu schmälern. Wenn überhaupt, kosten aktualisierende Eingriffe seitens der Regie nicht selten das tränenreiche Potenzial des Sujets aus, das der Firma Illica/Giacosa/Puccini dereinst so großes Theaterglück bescherte. Nicht so bei Graham Vick: Der britische Opernregisseur hat den Plot nun auf seine knallharte Wahrheit verdichtet, dem Original seine ursprüngliche Wucht zurückgegeben und es gnadenlos zugespitzt, ohne es dabei unzulässig zu reduzieren. Chapeau!
Diese Produktion hat viele Meriten, nicht ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt März 2018
Rubrik: Panorama, Seite 37
von Carlo Vitali
Erst allmählich wird die Bühne zum Ort, gibt die Weite der Natur das gesellschaftlich Festumrissene frei. Die Freiburger Szene zu Leoš Janáčeks «Katja Kabanowa» stammt von Alfred Peter und sagt mehr als tausend Worte. Wie aus der Tiefe des Raumes herangezoomt, mit der Lupe betrachtet: zwei Zimmer wie Puppenstuben, Gefängnisse überwiegend bigotter Tradition – Enge,...
Hm. So sieht also das «Elysium» aus. Hätte man sich luftiger, seraphischer vorgestellt, in etwa so, wie es Wilhelm Heinse in seinem Roman «Die Insel der Glückseligen» geschildert hat, als einen Ort bacchantischer Verschlingungen. Über die leere Bühne von Rebecca Ringst jedoch, die bereits in den ersten beiden Akten aus nichts als einer kühlweißen, ziemlich weit...
Es war einer der letzten Kompositionsaufträge, die Gerard Mortier vergeben sollte. Eine fantastische Oper für das Teatro Real in Madrid. Maßgeschneidert für Spaniens bedeutendstes Musiktheater. In einem Idiom, das in iberischen Traditionen wurzelt und zugleich in die Welt ausgreift. Mit einem scheinbar vertrauten Sujet, das die Grenzen des Gewohnten sprengt.
Das...