Einfach magisch
Henry James’ Novelle «The Turn of the Screw» entspringt der Tradition der englischen Gothic Novel, ist psychologisch allerdings so verfeinert, dass sich das Schaurige, die Bedrohungen der Kinder Miles und Flora durch die Geisterscheinungen der verstorbenen Hausangestellten Quint und Miss Jessel, nur erahnen lässt. Dem entspricht Brittens Oper als eine lose Folge von zweimal acht Szenen ohne eigentlichen Handlungsfaden.
Trotz dieser offenen Dramaturgie erlebt die Gouvernante die Situation als zunehmend bedrohlich, angefangen bei der (noch herzlichen) Begrüßung auf dem Landsitz Bly, bis zum Tode Miles’, den sie eigentlich vor dem Zugriff des geisterhaften Quint retten wollte.
Die Regisseurin Sandra Leupold hat am Theater Trier eine szenische Entsprechung zu dieser Offenheit gesucht und überraschenderweise eine leere Bühne gewählt, bei der man sogar in die unverstellten Seitengassen blickt. Nur in der Mitte hat Flurin Borg Madsen Latexbahnen gespannt, die später reißen und eine überdrehte, zu fest angezogene Schraube symbolisieren sollen. Quint und Miss Jessel versprühen vor jedem Auftritt ein wenig Nebel. Bei Szenenwechseln huschen die Protagonisten wie ferngesteuert auf die Bühne ...
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Opernwelt November 2025
Rubrik: Panorama, Seite 54
von Richard Lorber
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