Der dritte Weg

Die «Götterdämmerung» zeigt es noch einmal deutlich: Andreas Homokis «Ring»-Inszenierung in Zürich besitzt Geist und Tiefe, auch Dirigent Gianandrea Noseda steuert mit Finesse durch Wagners Gesamtkunstwerk

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Vollendet das ewige Werk» – so verkündet es Wotan zu Beginn der zweiten Szene von «Rheingold», dem Vorspiel zu Richard Wagners «Ring des Nibelungen». Geschätzte fünfzehn Stunden später, am Ende der «Götterdämmerung», liegt alles in Schutt und Asche. Da sitzt er nun wieder träumend in seinem Sessel, den Schlapphut auf dem Kopf, den (noch oder wieder) heilen Speer in der rechten Hand. Das mächtige Bild vom Beginn zeigt wieder die von den Riesen erbaute Burg, jetzt allerdings im Vollbrand.

Theaternebel wird hereingeblasen, orange flackerndes Licht dazugegeben, während die hervorragende technische Abteilung von Sebastian Bogatu gar einen lichterloh brennenden Statisten über die Bühne der Zürcher Oper eilen lässt.

Auch hier, wie beim Drachen und der Kröte, wie beim Baum Hundings und Brünnhildes Felsen in früheren Phasen des Geschehens, mochte der Regisseur Andreas Homoki nicht auf die von Wagner vorgegebenen Effekte verzichten. Er hätte sich dadurch allzu sehr in die Nähe jener auf Reduktion und Abstraktion fokussierten Bühnenästhetik begeben, die von Wieland Wagner ab 1951 in Neu-Bayreuth als Markenzeichen gepflegt wurde und in der Folge weite Kreise zog – bis hin zur letzten Zürcher ...

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Opernwelt Januar 2024
Rubrik: Im Fokus, Seite 8
von Peter Hagmann

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