Berliner Satyrspiele

Calixto Bieito kombiniert Puccinis «Gianni Schicchi» mit Bartók, Rolando Villazón putzt «La Rondine» adrett heraus

Eine «Schwalbe» ist in der Fußballwelt die Vortäuschung einer vom Gegner verursachten Körperverletzung – vom Schiedsrichter zu bestrafen. Die kleine Tragikomödie auf dem Rasen. In der Welt der Opernbretter lässt «Die Schwalbe» mehr an eine Halluzination als an Täuschung denken, an ein Trugbild. Denn auf deutschen Bühnen wird «La Rondine» nur selten gespielt, anders in London und New York. Rolando Villazón hat sie an der Deutschen Oper Berlin neuinszeniert – Puccinis unbekannteste «Lyrische Komödie».

Die Parlando-Oper der Liebe, fast Operette, endet im Debakel einer gescheiterten Liebe.  

Zeitgleich hat sich Calixto Bieito an Berlins Komischer Oper mit Puccinis schriller Groteske «Gianni Schicchi» auseinandergesetzt und dabei, überraschend, ebenfalls eine Seltenheit gefunden: Er setzte den komödiantischen Einakter neben Béla Bartóks tragischen Einakter «Herzog Blaubarts Burg». Verblüffend das Ergebnis: Bieito schuf durch die direkte, pausenlose Kombination beider Einakter gleichsam ein einziges Stück, einen «Zweiteiler» als Psychothriller der Verstrickungen von Liebe und Tod, Begehren und Gewalt.

Dass beide Opern 1918 uraufgeführt wurden, bedeutet nur die äußere Klammer. Die Idee ...

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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Magazin, Seite 78
von Wolfgang Schreiber

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