Beinahe grotesk

Reimann: Ein Traumspiel in Halle

Opernwelt - Logo

Überall, jederzeit». So lapidar die Regieanweisung des Komponisten, so fundamental das im Stück verhandelte Sujet: Der Conditio humana, den Bedingungen und Umständen menschlichen Daseins gilt es nachzuspüren. Dazu schwebt die Tochter des hinduistischen Gottes Indra hinab auf die Erde. Der Menschen Schicksal zu erkunden, deren Leiden und Klagen zu durchleben und – so die finale Hoffnung – ihnen Erlösung zuteil werden zu lassen: Darin besteht ihre Mission. Sie scheitert. Weil die Menschen letztlich gar nicht befreit werden wollen.

 

Aribert Reimanns 1965 uraufgeführter Opernerstling «Ein Traumspiel» nach dem gleichnamigen Schauspiel von August Strindberg ist gewissermaßen das Schmerzenskind im Werkkatalog des erfolgsverwöhnten Grandseigneurs des nachkriegsdeutschen Musiktheaters. Nicht von ungefähr handelt es sich bei der Inszenierung von Keith Warner an den Bühnen Halle um die erst vierte Produktion überhaupt. So farbprächtig sich der Reigen der albtraumhaft mäandernden dreizehn Bilder fügt, so sehr verlangt dieser nach einer Regie, die Reimanns überbordenden Einfallsreichtum auf der Bühne darzustellen vermag. 

Ausstatter Kaspar Glarner gelingt dabei eine kongeniale Umsetzung: ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt 7 2022
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Werner Kopfmüller

Weitere Beiträge
Nicht ohne meine Tochter

Von Friedrich Schiller stammt der schöne Satz, ernst sei das Leben, heiter sei die Kunst. Schon seine Herkunft verrät die Doppeldeutigkeit des Gemeinten, schließlich beschließt er den Prolog zu Schillers dramatischem Gedicht «Wallensteins Lager», einem Stück, dessen Heiterkeit sich in überschaubaren Bahnen hält. Interessant aber ist gerade die eingeschraubte...

Die richtige Mischung

Drei überaus erfolgreiche Opernkomponisten stehen, bei allen Unterschieden, exemplarisch für den Zwiespalt von Moderne und Tradition: Benjamin Britten, Hans Werner Henze und Aribert Reimann. Von der guten, alten Oper wollten sie nicht lassen, ebensowenig von der Anlehnung an hohe literarische Vorlagen. Auch in der Distanz zur «doktrinären» Avantgarde der...

Mit allen Wassern gewaschen

Zwei zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstandene italienische Opern mit russischen Sujets sind beim Maggio Musicale Fiorentino herausgekommen und auf DVD veröffentlicht worden. Nach Franco Alfanos «Risurrezione» von 1904 (OW 8/2021) nun also Umberto Giordanos «Siberia», die bei der Premiere an der Mailänder Scala wenige Monate zuvor einen sensationellen Erfolg...