Alles und Nichts

Berg: Lulu Wuppertal / Opernhaus

Opernwelt - Logo

Schon merkwürdig, wie routiniert, beinahe ungerührt die Musiker des Wuppertaler Sinfonieorchesters Lulu exekutieren. Der berstende Akkord, mit dem Berg ihr grausames Ende markiert, das zu einem schreienden Memento geschichtete Vertikalbild der Zwölftonreihe, die seiner Wedekind-Oper zugrunde liegt, kommt so verhalten, so beiläufig, als sei nichts passiert. Überhaupt scheint das Stück die Instrumentalisten im Graben des vorbildlich restaurierten Barmer Opernhauses wenig zu beeindrucken.

Expressives Brio? Kreatürliche Klangsinnlichkeit? Fieberndes Parlando? Schillernde Strukturen? Nichts davon war am Premierenabend zu hören. Kaum Filigran, kaum Transparenz, die Ausschläge matt, das Feuer erloschen in einem trägen, trüben Fluss.

An Toshiyuki Kamioka, dem scheidenden Generalmusikdirektor, hat es nicht gelegen. Der 55-jährige Japaner, in Wuppertal lange als Orchesterchef, zuletzt gar als Retter der krisenreif kleingesparten Oper gehätschelt, suchte mit klaren Handzeichen aus den Noten Funken zu schlagen, Motive und harmonische Verläufe zu konturieren, die Spiegelungen auszuleuchten, kurzum: Architektur und Ausdruck in eine dynamische Balance zu bringen. Allein, der Ertrag blieb ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juli 2016
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Albrecht Thiemann

Weitere Beiträge
Krisengipfel

Ob dieses Beispiel Schule macht? Die Brüsseler Monnaie-Oper hat die ­Regie für ihre jüngste Mozart-Produktion nicht aus der Oberliga der «üblichen Verdächtigen» auf dem Regie-Markt eingekauft, sondern über einen Wettbewerb erstreiten lassen. Zu diesem ungewöhnlichen Schritt fühlte sich das Leitungsteam durch die aktuelle Baustellensituation ermuntert. So lange das...

Totenkopf und Teufelshörnchen

So problematisch Arrigo Boitos ideengeschichtliche Dämpfung der Erstfassung seines «Mefistofele» und der Rückgriff auf Elemente des traditionellen italienischen Melodramma sein mögen, das Werk enthält in seiner finalen Gestalt von 1875 etliche saftige Stücke fürs melomane Publikum und szenisch Packendes. Man muss das Lob ja nicht so überziehen wie Bernard Shaw, der...

Flüstern und Raunen

Als der neue Intendant Ingo Metzmacher in Hannover sein Programm für die Kunstfestspiele Herrenhausen präsentierte, war mancher verblüfft, dass die ersten Höhepunkte rein gar nichts mit dem wundervollen Barock(garten)-Ambiente zu tun hatten. Der gebürtige Hannoveraner wollte die Kunstfestspiele, mit denen zu viele Einheimische gefremdelt hatten, neu positionieren....