Abstieg in Rosa
«Madama Butterfly» ist immer wieder Sentimentalität vorgeworfen worden. Ein rezeptionsgeschichtliches Missverständnis? Bei der Mailänder Uraufführung 1904 zumindest wurde das Werk keineswegs als exotisches Rührstück wahrgenommen, sondern als Provokation. Die Premiere bescherte Puccini ein Desaster, es kam ob der deutlich formulierten, massiven Sozial- und Kolonialismuskritik zu Tumulten. Erst eine entschärfte Fassung ebnete der «Butterfly» den Weg ins Repertoire.
Die Titelheldin ist von den großen Frauenfiguren Puccinis die wohl tragischste und die Geschichte ihres Niedergangs durch enttäuschte Hoffnung vor dem Hintergrund eines interkulturellen Konflikts noch immer oder schon wieder hoch brisant.
Regisseur Tilman Knabe verlegt die Geschichte von Cio-Cio-Sans nicht nur fremd verschuldetem Schicksal aus dem Nagasaki des 19. Jahrhunderts in die asiatische Gegenwart. Cio-Cio-Sans Häuschen ist ein klappriger, aber zunächst noch puristisch edel möblierter Container. Kuppler Goro trägt Ballonseide und Gel im Haar; Liebhaber Pinkerton Jeans, Sonnenbrille und Cowboystiefel. Cio-Cio-Sans Verwandtschaft ist eine krawallig lärmende Truppe, die Frauen sind vorzugsweise im aufreizenden ...
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Opernwelt Juni 2011
Rubrik: Panorama, Seite 37
von Regine Müller
Es wird wohl das Spielzeit-Motto gewesen sein, das die Leitung des Trierer Theaters dazu bewegte, die deutsche Erstaufführung der Philip Glass-Oper «The Voyage» an Land zu ziehen. «welt.eroberung» lautete das Leitmotiv der zu Ende gehenden Saison an der Mosel, und dazu schien die Glass-Menagerie aus gestrandeten Astronauten, zweifelnden Wissenschaftlern und dem...
Die Inszenierung ist schnell vergessen, obwohl der Ansatz interessant ist. Nichts Naturalistisches, kein Krieg, kein Kino, kein deutscher Stummfilm. Dan Jemmett hat sich für einen Rummelplatz entschieden. Vor der Schießbude von Kuno & Co kommt fast ein wenig Horváth à la «Kasimir und Karoline» auf. Das anfängliche Preisschießen macht noch neugierig, auch der...
Auf dieses Ereignis hatte man (nicht nur) in Russland lange gewartet – eine Aufführung von Alexander Borodins «Fürst Igor» in einer Version, die auf alle späteren Retuschen und Ergänzungen verzichtet. Das Stück ist seit seiner Uraufführung 1890 in der Bearbeitung von Nikolaj Rimsky-Korsakow und Alexander Glasunow bekannt. Die von Borodin intendierte Urfassung des...