1923 ist heute!
Es war ein Jahr voller Krisen, dieses 1923: Hyperinflation, die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen, der dadurch angestachelte Nationalsozialismus (mit bekannten, schlimmsten Folgen wenige Jahre später). In seinem Buch wirft der 1975 geborene Tobias Bleek ein besonderes, intensives, immersives, informatives Dauerschlaglicht auf die Musik dieser Zeit – ausgehend von den besagten, politisch brenzligen Vorzeichen.
Bleek ist von Hause aus Musikwissenschaftler (er promovierte über György Kurtág), doch ist er auch im Rahmen seiner weitreichenden Tätigkeiten auf dem Gebiet der Musikvermittlung unterwegs. Und das merkt man diesem hervorragenden, tief in die explosive Materie eintauchenden Buch an; 100 Jahre «danach».
Dabei lag der Skandal von Strawinskys «Sacre» damals bereits zehn Jahre zurück! Dafür entwickelten in den USA afroamerikanische Musiker aus der überkommenen, scharfen Chromatik Mitteleuropas ihre ganz eigene, beneidenswert entspannte Art und Weise, mit den «Errungenschaften des Abendlandes» umzugehen (das Wort «Jazz» war zu dieser Zeit – als «offizieller Terminus» – gerade einmal acht Jahre alt). Doch die Rassentrennung war jenseits des ...
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Opernwelt August 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 39
von Arno Lücker
Ich kann die Melancholie aus einem Liede saugen, wie ein Wiesel Eier saugt. Mehr! Mehr! Ich bitte dich.» Nur zu gerne möchte man sich der schwärmerischen Emphase des Höflings Jacques aus William Shakespeares Lustspiel «Wie es euch gefällt» anschließen, wenn man das erste Solo-Album des jungen englischen Countertenors Alexander Chance hört. Fast anzunehmen, dass...
Der Bezirk Perm lebt von starken Kontrasten: Eines der größten Düngemittelwerke der Welt befindet sich unmittelbar neben ehemaligen Bergwerkssiedlungen; im Norden ragen die Uralberge auf, mit von der typisch sowjetischen Bauweise unberührten Dörfern; gleich in ihrer Nachbarschaft, inmitten verträumter Wälder, liegen Gefängnisse, an die sich Dissidenten aus früheren...
Seit der Antike weiß man es: «Habent sua fata libelli» – Bücher haben ihr Schicksal. Ein Schicksal haben auch Opern. Und selten ein gutes, wenn sie berühmten Büchern folgen. Als Lorin Maazels «1984» vor 18 Jahren an Londons Covent Garden uraufgeführt wurde, fielen die Kritiken ungnädig aus. Man stieß sich an U-musikalischen Einsprengseln, daran, dass die Oper nicht...