Weihrauch, Absinth und ein großes Herz

Christiane Karg und Sophie Karthäuser singen Lieder von Strauss bis Poulenc

Die Kuppel über der Bühne in der Londoner Wigmore Hall, dem inoffiziellen Mekka des Lied­gesangs, ziert eine sympathisch kunstgewerbliche Allegorie der Künste, wobei die zentrale Figur die Seele der Musik symbolisiert und der Feuerball über ihr den Genius der Harmonie versinnbildlicht. Das Bild hat sich bei vielen Besuchen so selbstverständlich in die Erinnerung gegraben, dass man es vor Ort gelegentlich gar nicht mehr wahrnimmt – wenn nämlich die Darbietungen darunter die Konzentration völlig absorbieren.

Wie an jenem Juliabend vor zwei Jahren, als Christiane Karg und ihr Klavierbegleiter Malcolm Martineau dort einen magischen Teppich mit Liedern und mélodies von Strauss, Wolf, Berg, Debussy, Poulenc und Fauré ausbreiteten. Der nun erschienene Live-Mitschnitt jenes Konzerts bestätigt die Erinnerung an ein Ausnahmeereignis. Christiane Karg ist quasi der weibliche Gegenpart zu Christian Gerhaher: Besseres bekommt man zumindest im Genre Lied derzeit kaum zu hören (wie schade, dass Gerhaher Wolfs «Italienisches Liederbuch» vor einigen Jahren nicht mit Karg aufgenommen hat; das Resultat wäre der Vollkommenheit vermutlich nahe gekommen). Die Sopranistin singt mit wunderbar ...

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Opernwelt Januar 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 25
von Gerhard Persché

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