Wagners Welten
Wahrscheinlich können wir die Ouvertüre nie mehr hören wie vorher, nachdem wir sie so gesehen haben. Wie Wagner zum Pomp des Meister-Themas juchzend ein Paket mit neuen Stiefeletten öffnet, wie er zum Holzbläsergegackere mit Franz Liszt vierhändig die Tasten schlägt, wie dann kleine Wagners aus dem Flügel klettern, Cosima in einem Migräneanfall die Musik anhalten will, sich aber die Schluss-Stretta zackig aufbaut, die ganze Entourage sich zum Choral sammelt und schließlich niederkniet. Bis auf einen: Hermann Levi bleibt sitzen.
Er ist kein Christ, sondern Sohn eines Rabbiners, gehört trotzdem zur Großfamilie. Der Meister nötigt ihn, schmeichelt, droht. Levi – verzweifelt – folgt. Die (Selbst)-Erhebung des einen ist die Erniedrigung des anderen. Für Wagner gehören Kunst und Religion zusammen.
Barrie Kosky hat nicht einfach den ersten Akt der «Meistersinger» nach Wahnfried verlegt, sondern das Stück und seinen Komponisten samt dem, was man Lebenswelt nennt, übereinander- geblendet. Das mixt sich wendig und temporeich zu einem Panoptikum. «13. August 1875», kalauert ein Zwischenvorhang. Da waren die «Meistersinger» längst fertig und uraufgeführt. Nun aber werden sie neu geboren. ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt September/Oktober 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 12
von Stephan Mösch
«Le timbre d’argent», das ist eine kleine silberne Tischglocke – die in Camille Saint-Saëns’ gleichnamiger Oper fatale Wirkungen entfaltet. Wann immer der Maler Conrad sie bedient, findet er prompt Geld in Hülle und Fülle, bringt aber damit zugleich einen ihm nahestehenden Menschen um. Das Geld benötigt er für die schöne Tänzerin Fiammetta, über die er seine...
Auf den ersten Blick ist alles wie immer. Der Abend bleibt trocken, die tiefstehende Sonne taucht Schlosshof und See in surreales Licht, die «Carmen»-Premiere im Heckentheater kann unter freiem Himmel über die Bühne gehen. Trotzdem ist etwas anders. Frank Matthus, Künstlerischer Direktor der Kammeroper, wird 2018 gehen, nach nur vier Spielzeiten. Die Nachricht kam...
Eines war von vornherein klar: Hier gilt’s dem Gaudium. Hier ist nichts ernst zu nehmen, wenn ein Stoffesel, mit zwei Menschen befüllt, im Kaiserhof des Klosterneuburger Stifts seine Runden trabt. Das 20-jährige Jubiläum der sommerlichen Opernspiele sollte ordentlich gefeiert werden, am besten mit einer handfesten Komödie, noch besser mit einer, die zum...
