Trauer, ohne Sentimentalität

Am 8. März 2019 ist der Komponist und Dirigent Michael Gielen gestorben – einer der scharfsinnigsten Musikpraktiker unserer Zeit. Persönliche Erinnerungen an einen Künstlerdenker, der sich zeitlebens Aufklärung und Avantgarde verpflichtet fühlte und das Risiko als einzige Konstante der Theaterarbeit begriff

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Am 8. März dieses Jahres ist der Komponist und Dirigent Michael Gielen gestorben – einer der scharfsinnigsten Musikpraktiker unserer Zeit. Was immer er anpackte, stets ging es ihm um das (unvollendete) Projekt der Moderne. Als Generalmusikdirektor der Oper Frankfurt setzte Gielen ein neues, an der Gegenwart orientiertes Musiktheater durch – gemeinsam mit Opern­direktor Christof Bitter und dem Chefdramaturgen Klaus Zehelein.

Persönliche Erinnerungen an einen Künstlerdenker, der sich zeitlebens Aufklärung und Avantgarde verpflichtet fühlte und das Risiko als einzige Konstante der Theaterarbeit begriff

Vor über 40 Jahren schrieb Michael Gielen, was als Credo seiner künstlerischen Arbeit gelesen werden kann, als Ansatz unserer gemeinsamen Auseinandersetzung mit der Oper Frankfurt, die von 1977 bis 1987 währte: «Nur Kompromisslosigkeit in der Behandlung des historisch gewachsenen Materials garantiert Authentizität, wahre Reflexion des historischen Moments; der technische Stand ist der geistige. Beethoven, Berlioz, Wagner, Mahler, Schönberg waren die avanciertesten Komponisten ihrer Zeit und zugleich die, welche die Konflikte der Gesellschaft und des Individuums ihrer Zeit am ...

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Opernwelt Mai 2019
Rubrik: Essay, Seite 56
von Klaus Zehelein

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