Tänzeln und Tanzen
Jaromir Weinbergers einstiger Welterfolg «Schwanda, der Dudelsackpfeifer» aus den 1920er-Jahren, in Mitteleuropa jäh gestoppt von den Nazis, taucht nach und nach wieder auf, und die Opernfreunde reiben sich erstaunt die Augen, dass diese tolldreiste Nachblüte der tschechischen «Volksoper» so lange vergessen wurde.
Die Rezeptur der «Verkauften Braut» erscheint in diesem sensualistisch-folkloristischen Pandämonium ins Bizarre gesteigert, als arrangiere sich nationalkultureller Enthusiasmus zum Totentanz; zugleich herrscht in der traumselig-hundertstimmigen Partitur (gleichsam einem dauertrunkenen Reger-Tonfall) die Wonne einer kalkulierten Naivität, symbolisch konzentriert um den getragen-gravitätischen Dreivierteltakt-Ohrwurm «Auf unserm Hof daheim», der wie eine geheim allgegenwärtige Essenz das ganze pralle Musikgeschehen durchwürzt. Vielleicht sind es die Momente von Uneigentlichkeit, demonstrativem Déjà-vu, ja parodistischer Unverschämtheit gegenüber dem Gestus der seriösen böhmischen Nationaloper («Libussa», «Dalibor»), die «Schwanda» für die tschechische Rezeption bis heute eher verdächtig sein lässt – Furore machte auf Initiative Max Brods die deutschsprachige Version.
Ihr ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Mai 2018
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Hans-Klaus Jungheinrich
Vor einem halben Jahrhundert sind zwei Aufnahmen von romantischen Wagner-Opern entstanden, die den Stempel zweier großer Dirigenten tragen. Rudolf Kempe stand 1967 bei den Bayreuther Festspielen in «Lohengrin» am Dirigentenpult, Otto Klemperer leitete im Jahr darauf in den Londoner Abbey Studios eine Produktion des «Fliegenden Holländers».
Kempe, der im ersten...
Glaubt man dem Klappentext, zeigt sich Benjamin Godard in seiner Dante-Oper «auf dem Gipfel melodischer Inspiration und kompositorischer Meisterschaft, in einem Stil, der Gounod erneuert und den Vergleich mit Massenet nicht zu scheuen braucht». Das sah die zeitgenössische Kritik anders. Camille Bellaigue zeterte: «Ihr, die ihr in die Opéra-Comique eintretet, lasst...
«Ein bisschen absurd» sei die Angelegenheit, sagt er. «Es ist sogar etwas geisteskrank.» Schuld, Sühne, das mag da mitschwingen, wahrscheinlich auch anderes: Stolz. Zwei Premieren innerhalb von drei Tagen, Donizettis «Maria Stuarda» am Münchner Gärtnerplatz (22. März), dann Puccinis «Tosca» bei den Salzburger Osterfestspielen (24. März), das muss Michael Sturminger...
