Sieben Schwestern
Vierzig Jahre? Eigentlich kein Alter. Und wenn, dann das beste, wie es so schön heißt. Lebt man allerdings in einer Zeit, in der Aufmerksamkeit die härteste Währung ist und der kulturelle Kapitalismus das (scheinbar) Attraktive bevorzugt, muss man sich schon strecken, schminken, mindestens Schauder erregen. Oder man leistet, im umkämpften urbanen Raum, etwas Besonderes, damit die Entscheidungsträger merken, dass man besonders ist. Und somit unersetzbar. Künstlerisch wie soziokulturell.
Die Neuköllner Oper war, was das angeht, zwar nicht immer erfolgreich, doch immer schon sehr erfinderisch. 220 Ur- und Erstaufführungen in 40 Jahren bezeugen es. Inmitten eines stetig sich wandelnden, manchmal brodelnden, zunehmend gentrifizierten Hauptstadt-Ambientes bildete dieses Haus eine Insel. Auf diese Insel durften all jene kommen, die Musiktheater als Versuchslabor begriffen (und bereit waren, für wenig Gage zu arbeiten, wie es auch die Festangestellten tun). Neuköllner Oper, das war immer die vierte Schwester, für die Tschechow keine Tinte mehr übrig hatte.
Er sollte sich ein Fässchen kaufen. Denn wie bestellt, gibt es in der Karl-Marx-Straße (ja, in Berlin dürfen Straßen noch so heißen!) ...
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Opernwelt März 2018
Rubrik: Magazin, Seite 76
von Jürgen Otten
Man sieht es und staunt: Mitten auf der kleinen Bühne des Theaters Plauen ist ein fliegender Teppich gelandet und hat gleich einige Musiker aus dem Orient ins schöne Sachsen mitgebracht. Diese ergänzen nun mit authentischen Klängen aus ihrer Heimat die von Peter Cornelius recht umständlich erzählte Geschichte vom verhinderten Liebespaar und der Hilfe durch den...
Die Szene ist grotesk, die Musik dazu wundervoll. Bertarido, exilierter, totgeglaubter König, ist inkognito in sein Land zurückgekehrt, steht vor seinem Grabmal und liest jene Inschrift, die von seinem (Ab-)Leben kündet. Seine Seele brüllt, seine Stimme aber kleidet die Qualen des verwundeten Herzens in die denkbar mildesten Töne: Die Arie «Pompe vane di morte!»...
Bühne und Zuschauerraum sind klein, doch das Geschehen wirkt ins Große geweitet. Das war schon so bei der eindrucksvollen Produktion von Luigi Nonos Hörtheater «Prometeo», mit der Benedikt von Peter seine Intendanz am Luzerner Theater eröffnete (OW 11/2016). Damals erstreckte sich eine aus rohen Planken gefertigte Arche von den Tiefen der Bühne über den...