Sehnsucht und Erfüllung
Vor drei Jahren hat die junge Sopranistin Anna Lucia Richter ihre erste Solo-CD vorgelegt (siehe OW 3/2016). Was damals ein Versprechen war, wird jetzt mit ihrem zweiten, Schubert gewidmeten Solo-Album zur Erfüllung. Dabei macht sie es sich mit bekannten Highlights wie Goethes Mignon-Liedern, dem «Ave Maria» oder dem «Hirt auf dem Felsen» nicht leicht. Technisch kennt sie mit ihrer schlanken, perfekt geführten Stimme keine Probleme, spinnt ein makelloses Legato, dosiert die Farben ihres kühlen Timbres zurückhaltend wie erlesene Gewürze und artikuliert mustergültig.
Nie drängt sie sich als Person in den Vordergrund, findet stets den Ausgleich zwischen intellektueller Reflexion und emotionaler Verinnerlichung. Ihre Begeisterung für das dichterische Wort – ohne den Ton im Mindesten preiszugeben – ist es, die ihre Liedkunst auszeichnet und zu einem Ereignis macht.
Wie ernst sie Texte nimmt, wie tief sie sich in sie versenkt, zeigt sich gleich an den drei «Liedern der Mignon». Wirkung entsteht hier durch den Verzicht auf jede effektbetonte Expressivität. In beklemmender Ruhe, zwanghaft wie unter Trance, geradezu im Ringen um Worte (wobei jeder Ton Bedeutung besitzt), ersteht Goethes ...
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Opernwelt März 2019
Rubrik: CD des Monats, Seite 23
von Uwe Schweikert
Alban Berg würde sich wundern. Und vielleicht sogar zustimmen. Denn was Detlef Heusinger aus dem fragmentarisch überlieferten Material des dritten «Lulu»-Aktes gemacht hat, ist – wie die jetzt am Bremer Theater erfolgte Uraufführung dieser Fassung zeigte – eine höchst beachtenswerte, ebenso fantasievolle wie punktgenau durchdachte Alternative zu Friedrich Cerhas...
Man kennt das aus der Wirtschaft: Der Patriarch kann sich nicht aus seiner Führungsposition lösen, hält jeden, der Ideen für die Zukunft der Firma entwickelt, für inkompetent – und treibt damit letztlich das Familienunternehmen in den Ruin. So führt sich derzeit auch Siegfried Matthus auf, der zu DDR-Zeiten hoch geschätzte Komponist, der kurz nach der Wende die...
Schon während des Vorspiels zum Prolog ist hinter einem Gazevorhang eine Albtraumszene zu erkennen: Fahles Mondlicht fällt auf eine stuckverzierte Wand, im diffusen Licht zeichnet sich eine geschwungene Treppe ab, hinten ragt die Pranke eines monströsen, echsenartigen Tieres hervor. Dann ertönt aus dem Off eine helle Evangelisten-Stimme – und aus dem...
