Orgel und Ritterbratschen?
Als im Jahr 1876 das «Rheingold» zum ersten Mal in Bayreuth erklang, ließ Richard Wagner das tiefe Es des Beginns von einer Orgel unterstützen. Im Festspielhaus gibt es sie heute nicht mehr, auch in der Partitur ist sie nicht notiert. Wahrscheinlich waren Wagner die Kontrabässe auf den zeitgenössischen Darmsaiten schlicht zu leise, wie er etwa auch die Bratschen zu klangarm fand und deshalb auf die größeren, heute kaum gespielten Ritterbratschen setzte.
Was also wäre hier die richtige Umsetzung unter dem Blickwinkel einer historischen Aufführungspraxis? Mit oder ohne Orgel? Und wenn ja, mit welcher Art von Orgel? Zumal wenn das Orchester nicht unter dem Bayreuther Schalldeckel spielt?
Ab 2021 will das Ensemble Concerto Köln in der Kölner Philharmonie die erste Aufführung des «Ring des Nibelungen» in historisch-kritischer Gestalt vorstellen, jedes Jahr soll Kent Nagano einen neuen Teilabschnitt des Zyklus dirigieren. Die Frage nach der Orgel wird nur eine von vielen sein, die es dann zu beantworten gilt. Die Holzblasinstrumente für die Aufführungen wird Concerto Köln fast alle vollständig neu anfertigen lassen. Schließlich will man Wagner mit einem Stimmton von 435 Hz spielen, ...
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Opernwelt Januar 2020
Rubrik: Magazin, Seite 64
von Michael Stallknecht
Während Händel- und Vivaldi-Recitals boomen, hat die noch immer unterschätzte französische Barockoper auch hier das Nachsehen. Ihr theatrales Gesamtkunstwerk aus Aktion, Gesang und Tanz eignet sich weniger zur vokalen Selbstdarstellung als die italienische Seria mit ihren virtuosen Abgangsarien, und für den gegenwärtige Counter-Hype liefert sie kein Stimmfutter....
Benjamin Bernheim ist der Tenor der Stunde. Eine Aufführung von Verdis «Otello» bei den Salzburger Osterfestspielen 2019 war für mich die erste Begegnung mit dem französischen Sänger. Ein Cassio wie er hätte Otello auch ohne die Intrigen Jagos eifersüchtig werden lassen. Ein Jahr später entzückte er im Pariser Théâtre des Champs-Élysées in einer Aufführung von...
Wenn eine Welt, in der Adolf Hitler geradewegs mit Gott identisch ist, auf der Opernbühne reflektiert wird, dann muss sich «Wotan» gar unheilig imperfekt und respektlos auf «Truthahn» reimen. Dann erheben sich rechte Arme nicht nur einfach so immer wieder zum deutschen Gruß stramm himmelwärts. Derlei Gesten aus dunkeldeutscher Zeit werden vom Orchester allzu gern...