Notlösungen
Die Werkstätten der Wuppertaler Bühnen liegen in einem Gewerbegebiet. Autohäuser und Supermärkte reihen sich an der Hauptstraße, außerdem gibt es eine große Tankstelle, eine Striptease-Bar, einen Pizza-Bring-Dienst, eine einsame Bushaltestelle. Der Charme des Ortes ist überschaubar. Doch das Gebäude der Werkstätten öffnet sich in einen erstaunlich geräumigen Malersaal, der nun zum Spielzeitauftakt für Georg Friedrich Händels «Julius Caesar» gezwungenermaßen zur Ersatzspielstätte ohne jeden gastronomischen Service umfunktioniert werden musste.
Ursprünglich sollte Immo Karaman das Werk inszenieren. Da seine bereits fertig konzipierte Regie aber ohne funktionierende Bühnentechnik nicht realisierbar ist, präsentierte das Wuppertaler Leitungsteam die barocke Oper nun als sogenannte Konzertinstallation: Das Werk wurde stark gekürzt und ergänzt durch eingeschobene Lesungen mit Texten aus Niccolò Machiavellis Traktat «Der Fürst», die szenische Einrichtung besorgte Karin Kotzbauer-Bode.
Der Raum will aus der Not eine Tugend machen und eine Rundum-Ästhetik zum Anfassen bieten. Das Publikum sitzt daher ebenerdig in vier Blöcken, das Orchester ist auf Abstand in der Mitte platziert, zwei ...
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Opernwelt November 2021
Rubrik: Magazin, Seite 72
von Regine Müller
Der Anfang ist witzig. Aus einem Bühnenloch klettern Fatty und Dreieinigkeitsmoses heraus auf die schwarz glänzende, leere Fläche, doch nicht als gewöhnliche Ganoven. Jens Larsen trägt den Talar eines salbadernden protestantischen Pfarrers, Ivan Turšić gibt, sehr pointiert, einen jüdischen Rabbi. In den Händen halten sie ihre Gebetsbücher, aber nicht allzu fest....
Ach ja, die Liebe. Könnte so einfach sein, schwerelos, süß und seelenvoll, kurzum: die schönste Sache der Welt. Klappt nur leider nicht immer, das weiß auch der traurige Dichter Hoffmann. Aber er tröstet sich und uns damit, dass er seine melancholisch getünchten Erfahrungen in Töne kleidet und eben von dem singt, wovon er nicht mehr sprechen mag und was nur noch...
Es hätte ein rauschendes Jubiläumsfest werden können: Am 4. Dezember 2020 kam exakt ein Jahrhundert nach der Kölner Uraufführung durch Otto Klemperer (eine zeitgleiche Premiere fand in Hamburg unter Egon Pollak statt) Erich Wolfgang Korngolds Oper «Die tote Stadt» im Kölner Staatenhaus heraus. Aber der Zuschauersaal blieb damals auf behördliche Anordnung ebenso tot...