Mut zur Moderne
George Steel, Generaldirektor und Intendant der New York City Opera, traut sich was. Gleich drei anspruchsvolle Stücke der klassischen und zeitgenössischen Musiktheatermoderne hat er zum Vorzeigeprojekt des Frühjahrprogramms erklärt: «La Machine de l’Être», ein kurzes, von Antonin Artauds Zeichnungen inspiriertes Stück des New Yorker Komponisten und Avantgarde-Musikers John Zorn (Jahrgang 1953), und «Neither», ein auf einem Text Samuel Becketts basierender Einakter von Morton Feldman (1926-1987) aus dem Jahr 1977, rahmen Schönbergs gute, alte «Erwartung».
Regisseur Michael Counts besorgte nicht nur die optisch überwältigende Inszenierung – er arbeitet unter anderem mit Projektionen, umsichtig orchestrierten Bewegungsmustern und, nicht zu vergessen, Diskokugeln! –, er zeichnet auch für die eindrucksvolle Bühne verantwortlich, die Robert Wierzel in suggestives Licht tauchte. Die wenigen Längen des Abends (etwa minutenlanges Grillengezirpe vor den ersten Tönen der «Erwartung») ließen sich ohne Weiteres abstellen.
Zwei Gestalten eröffnen die Vorstellung: Eine spindeldürre, in Schwarz gewandete Frau mit reichlich Selbstbewusstsein und ein Mann, beide Anfang zwanzig, starren mit glasigem ...
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Opernwelt Mai 2011
Rubrik: Magazin, Seite 78
von David Shengold
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