Masse und Wahn
Wieder am 8. und 14. April 2017
Die Buhrufe am Ende des Premierenabends bleiben unverständlich. Vergessen offenbar, dass die Berliner Staatsoper und ihr Publikum dem Russen Dmitri Tcherniakov so glänzende Inszenierungen wie Rimsky-Korsakows «Zarenbraut» oder Prokofjews «Spieler» verdanken. Berlins Wagnerianer zielten mit dem Protest gewiss auf den Regisseur, aber auch auf den Dirigenten – just als Barenboim auf der Bühne des Schiller Theaters seine Staatskapelle zum Applaus um sich scharte.
Hat er die schwerblütige «Parsifal»-Musik bei aller Klangpracht mit unmäßiger Ritenuto-Langsamkeit beladen, aus der Balance gebracht? Nimmt man dem Musikchef übel, dass er höchstselbst Tcherniakov einlud, die Regie zu übernehmen? Hat dieser jetzt das schwierige, sperrige Stück fehlinterpretiert?
Keineswegs. Der Regisseur aus Moskau, Jahrgang 1973, hat Wagners «Parsifal»-Botschaft mit Geist und Kraft auf den Begriff gebracht und in starke Bilder gefasst – mit einer klaren Abweichung vom Original: Tscherniakov verzichtet auf die mythische Erlösungsdimension des «Bühnenweihfestspiels». Seine Deutung zielt auf das desolate Menschheitsdrama des «Parsifal», das zeigt schon der erste Blick auf die Bühne, die Tscherniakov selbst ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Wolfgang Schreiber
Wenn man den Zuschauerraum betritt, liegt die Bühne bereits offen da. Hinten, vor der Brandmauer, ist das Orchester platziert. Am rechten Bühnenrand vier Straßenlaternen, quer über den Raum leuchtende Hochspannungsdrähte. Links auf der Vorderbühne erhebt sich eine als Spielpodium benutzte Fußgängerüberführung. Der Orchestergraben ist mit schwarzen Müllsäcken...
Es habe keinen Tag gegeben, so hat Marcel Prawy erzählt, an dem es nicht in ihm gesungen hätte: «Glück, das mir verblieb». Und immer habe er dabei die Stimmen von Maria Jeritza und Lotte Lehmann gehört, die im Palast seiner Erinnerungen fortlebten wie die Marie in der von ihrem Witwer Paul für sie errichteten «Kirche des Gewesenen». In der Hamburger Aufführung von...
Die Liebe verleiht nicht immer Flügel. Eine einzige Feder, am Ende gerötet, schwebt über dem Dichter, der, über einen Tisch gebeugt, um Worte ringt. Und auch später spickt er damit entweder sein Alter Ego oder den Bühnenboden, statt schrittweise den eigenen Sehnsüchten zu folgen. Nicht umsonst zeigt ihn Daniela Kurz am Landestheater Linz von Anfang an in zwiefacher...
