Ich mach dich kalt
Frisch durchgeschmust sitzt Katerina Ismailowa auf der Bettkannte und singt: «Na warte!». Sie meint damit nicht ihren Liebhaber Sergej und kündigt auch nicht an, dass ab jetzt entschieden zurückgeschmust würde. Nein, sie meint ihren Mann Sinowi, dessen Schritte sie hört und den sie gar nicht mehr gebrauchen kann in ihrem Leben. «Na warte!», heißt so viel wie: «Dich mach ich kalt!». Auf Russisch: «Nu pogodi!».
Der Schlachtruf ist berühmt aus der Trickfilmreihe «Hase und Wolf», der sowjetischen Variante von «Tom und Jerry».
Jede Folge endete mit dem Schnauzenschnauben des vom Hasen gefoppten Wolfs: «Nu pogodi!» – «Na warte!». Peter Konwitschny wird das im DDR-Fernsehen oft genug gesehen haben; und vielleicht hat er sich jetzt daran erinnert, als er am königlich-dänischen Opernhaus in Kopenhagen zum ersten Mal in seiner Laufbahn «Lady Macbeth von Mzensk» von Dmitri Schostakowitsch inszenierte. Mit Tippelschrittchen, Augenplinkern und sonstigen Tapsigkeiten ist die Motorik der Personen auf der Bühne so anti-naturalistisch wie im Puppentheater oder im Trickfilm. Alles ist Spiel mit festen Regeln und Figuren. Aus dem Spiel und den Regeln kann man nicht ausbrechen. Es kommt nur darauf ...
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Opernwelt Dezember 2014
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Jan Brachmann
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