Haarige Fantasie

Korngold: Die tote Stadt Hamburg / Staatsoper

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Es habe keinen Tag gegeben, so hat Marcel Prawy erzählt, an dem es nicht in ihm gesungen hätte: «Glück, das mir verblieb». Und immer habe er dabei die Stimmen von Maria Jeritza und Lotte Lehmann gehört, die im Palast seiner Erinnerungen fortlebten wie die Marie in der von ihrem Witwer Paul für sie errichteten «Kirche des Gewesenen».

In der Hamburger Aufführung von Erich Wolfgang Korngolds «Die tote Stadt», einst von Geschmackspolizisten der Avantgarde unter Kitschverdacht gestellt, seit einiger Zeit wieder so erfolgreich wie im dritten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts, fällt der erste Blick auf die Rückwand der Bühne, auf der sich blonde Haare wie Fäden verschlingen. Es ist ein doppelter Blick. Der des Zuschauers fällt auf Paul. Dieser, reglos auf einem Stuhl hockend, fixiert einen Fetisch: die Haare seiner verstorbenen Frau.

Das hypnotische Bild findet seine Entsprechung in dem mit Sand bedeckten Bühnenboden – Chiffre für die tote Stadt, zu der das einst stolze Brügge hier geworden ist. Roy Spahn ist es gelungen, auf suggestive Weise die «correspondance» zwischen «Bruges-la-Morte» und der toten Marie herzustellen. Ein Bühnenbild, das die Handlung stärker bewegt und treibt als die ...

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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Jürgen Kesting

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