Gounod: Roméo et Juliette
Type Casting in der Oper ist ein heikles Thema und dürfte eigentlich keine Rolle spielen, doch dieses Stück bildet eine Ausnahme: Wenigstens ansatzweise glaubwürdig sollte ein Roméo sein. Ramon Vargas ist das nicht. Naiv lächelnd und mit dem unwiderstehlichen Charme eines Baby-Elefanten tappst der über die Bretter. Von Schwärmerei, Liebesrausch, Verzweiflung keine Spur.
Natürlich kommt der Mexikaner mehr als achtbar durch «Ah! lève-toi, soleil»; an Corelli, Kraus, Gedda, Villazon indes sollte man dabei besser nicht denken, denn wo die Kollegen in dieser Arie tatsächlich ein Psychogramm entwerfen (oder doch zumindest erahnen lassen, was emotional abläuft), reiht Vargas mehr oder weniger schöne Töne aneinander.
Dass Natalie Dessay wenige Stunden vor der Premiere absagte, machte die Sache nicht besser. Ihr Cover Maureen O’Flynn sprang ein und kam ohne Nervenzusammenbruch durch den Abend, angesichts des Premieren- und Erwartungsdrucks, der auf ihr lastete, keine geringe Leistung. O’Flynn, eine attraktive Bühnenerscheinung, schlug sich tapfer, auch wenn ihr Gesang unter bisweilen schneidender Schärfe und einem bedenklichen Vibrato litt.
Stéphane Degout gelang es, die Lethargie mit ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Gibt es für eine Aufführung von Szymanowskis «Król Roger» einen passenderen Ort als Palermo? Nicht weit vom Teatro Massimo befindet sich der Normannenpalast mit der berühmten Cappella Palatina. Ihre Architektur, die byzantinischen Mosaiken, die arabischen Holzarbeiten und römischen Säulen entfachten die Fantasie des polnischen Komponisten, der Sizilien oft...
Was verbindet Franz Schmidts Romantische Oper in zwei Aufzügen «Notre Dame» mit, sagen wir, Ponchiellis «La Gioconda»? Nicht viel – außer der Tatsache, dass beide Werke trotz einiger Popularität ihr Dasein vergleichsweise unbeachtet in den Nischen des Repertoires fristen, Schmidts Opus womöglich noch unauffälliger als jenes Ponchiellis. Denn populär wurden beide...
Herbert Wernicke hätte es wohl gefallen, dass sein Basler Bühnenbild für den ersten Teil von Händels «Israel in Egypt», das letzte, das er vor seinem Tod im Frühjahr 2002 noch entwerfen konnte, in der Jubiläums-Inszenierung der «Lustigen Witwe» in Hannover konserviert und produktiv weiterentwickelt wird. Mit dem Zuschauerraum des Bayreuther Festspielhauses auf...