Gescheiterte Emanzipation
Alfredo Catalanis 1892 an der Scala uraufgeführte Oper «La Wally» ist auf deutschen Bühnen selten zu erleben – zu Unrecht, wie die Mannheimer Aufführung beweist. Die Handlung mutet zwar auf den ersten Blick konventionell an, aber der wie Puccini aus Lucca stammende, früh verstorbene Catalani und sein Librettist Luigi Illica geben der Dreiecksgeschichte einer Frau zwischen zwei Männern eine ganz eigene Wendung. Wally ist keine stille Dulderin, sondern eine starke Frau, die ihr Schicksal selbst bestimmt.
Den vom Vater aufgezwungenen Gellner weist sie zurück, geht in die Berge, kehrt von dort als reiche Erbin zurück, flüchtet sich nach der Demütigung durch Hagenbach, zu dem sie sich hingezogen fühlt, erneut in die einsame Natur und stürzt sich schließlich in den Tod, als der Geliebte, der endlich den Weg zu ihr gefunden hat, durch eine Lawine umkommt.
So geradlinig geht es in Tilman Knabes Inszenierung freilich nicht zu. Knabe deutet, bestärkt durch Catalanis eminent psychologische Musik, die Handlung als gescheiterte Emanzipationsgeschichte, dehnt sie zeitlich über Wallys ganzes Leben, verunklart sie aber gleichzeitig durch ihre aktualisierende Verankerung in der 68er-Bewegung. Zu ...
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Opernwelt Dezember 2014
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Uwe Schweikert
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Mit Holsts «Savitri» begann es, und Holst-Sinfonietta hieß fortan auch das Orchester. Waltons «Bär» folgte, Korngolds «Stumme Serenade», Brittens «Rape of Lucretia» und «Noye’s Fludde», aber immer auch Zeitgenössisches: Rihms «Jakob Lenz», Anno Schreiers «Kein Ort. Nirgends» oder Claude Viviers «Kopernikus». Eines springt allemal ins Auge: Was die Freiburger Young...
Als luxuriöses Dekor der Intimität setzt Erich Wolfgang Korngold das Orchester in seiner Oper «Die tote Stadt» ein. Der sagenhafte Erfolg dieses Stücks, das schon ein Jahr nach seiner deutschen Uraufführung – am 4. Dezember 1920 – an der Met in New York herauskam, liegt vor allem darin, den Ersten Weltkrieg nicht als Bruch mit der opulenten Lyrik des deutschen Fin...
