Existenzielles Hören

Das «Wüstenbuch» und Kammermusik des dirigierenden Komponisten Beat Furrer

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Vielleicht hört den inneren Klang der Sprache und das Sprechen des Klangs besonders klar, wer alle Gewissheiten verloren hat. Wer sich der Leere einer selbstgewählten Aphasie aussetzt, Halt im Flugsand sucht. Wer das Nichts, die Stille als Resonanzraum wiederentdeckt. Und so Laute, Silben, Wörter, Geräusche, Töne, Melodien, Harmonien: die Grundstoffe jeder Sprachmusik und jeder Musiksprache wie Naturkräfte wahrnimmt, Lichtzeichen am dunklen Himmel.

Das Musiktheater Beat Furrers hat keinen festen Ort, keine festen Formen, keine lineare Handlung.

Es sind Stücke auf der Suche, aus Bruchstücken gefügte Fragen, immer im Fluss. Meditationen über Herkunft, Gegenwart und Zukunft, denen der Zweifel, die Verunsicherung eines unbehausten, forschenden Ichs eingeschrieben ist, das sich immer wieder neu erfinden muss. An der Grenze von Werden und Vergehen, Leben und Tod. Inspiriert durch Texte, die von der Antike bis ins Heute führen. Sechs «Opern» hat Furrer bislang geschrieben (darunter «Fama» und «Begehren»), eine siebte («La bianca notte») wird im Mai an der Hamburgischen Staatsoper uraufgeführt. Fünf Jahre nach dem «Wüstenbuch», das dank des Labels Kairos inzwischen als Mitschnitt einer ...

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Opernwelt März 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 31
von Albrecht Thiemann

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