Ewig jung

Janáček: Die Sache Makropulos an der Oper Lyon

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All die vielen kleinen Motive, die Leoš Janáček dem Duktus des Tschechischen abgelauscht und in rhythmische Floskeln, gackernde Holzbläsereinwürfe und prägnante Melodien übersetzt hat, rauschen sprechend an uns vorüber – mitunter in manischer Erregtheit, dann auch mal mit versteckter Hinterlist. Dirigent Alexander Joel hat mit dem Orchestre de l’Opéra de Lyon entsprechend detailverliebt gearbeitet. Er erschöpft sich aber nicht im peniblen Zusammensetzen eines musikalischen Mosaiks. Es geht ihm in der «Sache Makropulos» immer auch ums große Ganze, um den Sog langer Bögen.

Und so dürfen wir an diesem famosen Abend eben auch vernehmen, wessen Zeitgenosse Janáček war. Trotz seines ausgeprägten Personalstils meinen wir von den triebhaften Abgründen in Bartóks «Herzog Blaubarts Burg» zu hören, von der psychischen Polyphonie in Strauss’ «Elektra» oder «Salome», vom extremen Expressionismus in Korngolds «Toter Stadt», von Puccinis lukullischem wie pointiertem Melos.

Das Nervöse und Hysterische der Partitur scheint auch eine Gegenseite zu haben, die in berückenden Inseln der Schönheit aufscheint. Womöglich erinnert sich Emilia Marty, die zentrale Figur, in solchen Momenten an ihre ...

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Opernwelt August 2024
Rubrik: Panorama, Seite 50
von Peter Krause

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