
Alte Zeiten: Gabriella Létay Kiss (Valentine) und Gergely Boncsér (Raoul); Foto: Hungarian State Opera/Valter Berecz
Erbarmungslos
Es sollte ein Festakt zum 500-Jahre-Jubiläum der Reformation in Budapest werden. Es wurde eine (von den um einen Kollektivvertrag streikenden Hausgewerkschaften um ein Haar verhinderte) Premiere der Ungarischen Staatsoper. Dass der Vorhang überhaupt hochging, verdankt sich allein Szilveszter Ókovács, dessen Direktorenvertrag soeben um fünf Jahre verlängert wurde.
Er wandte die Zuckerbrot-und-Peitsche-Taktik seines Vorbildes und Förderers, Ministerpräsident Viktor Orbán, an: Im gleichen Atemzug mit der Drohung, das Ensemble abzubauen und das öffentlich geförderte Haus in eine private Wirtschaftsform zu überführen, stellte er allen Mitwirkenden der Produktion, die ihre Arbeit wiederaufzunehmen bereit waren, eine dreifache (!) Extragage in Aussicht. Und siehe da: Nach 80 Jahren fanden Meyerbeers «Les Huguenots» – in kaum gekürzter Fassung und in der Originalsprache – den Weg auf die Bühne des Erkel Theaters, dessen gute Akustik für große französische Oper weit mehr geeignet ist als das gerade vor der Renovierung stehende Prunkgebäude an der Andrássy Straße.
Kulturpolitisch erschien die Wahl dieses «die Schranken der Nationalvorurteile zerschlagenden» Werks (Richard Wagner) in einem ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Januar 2018
Rubrik: Panorama, Seite 39
von Máté Mesterházi
Mit «Faust» und «Carmen», «Manon» und «Werther» ist die französische Oper des späteren 19. Jahrhunderts in aller Ohren. Aber wer spielt weniger Bekanntes? Der unermüdliche Palazzetto Bru Zane bringt zwar jahrein, jahraus mehrere vergessene Opern von Gounod oder David, von Saint-Saëns oder völlig unbekannten Komponisten auf den CD-Markt. Ins Opernhaus schaffen es...
Jahrelang haben Véronique Gens und Sandrine Piau das französische Repertoire fast allein beherrscht. Jetzt bekommen sie Konkurrenz durch Sabine Devieilhe und Marianne Crebassa – eine Blutzufuhr, die dem im Vergleich zum Barock sängerisch noch immer unterbelichteten späten 19. und frühen 20. Jahrhundert guttut. «Mirages» hat Devieilhe ihre Auswahl virtuoser...
Man wusste es. Und staunt dann doch. Erstmals widmet Philippe Jaroussky einem seiner erklärten Lieblingskomponisten ein ganzes Album. Auf der Bühne hat der französische Countertenor schon etliche Händel-Partien verkörpert, von Rinaldo und Serse über Ruggiero in «Alcina» bis zu Didymus im Oratorium «Teodora». Nun aber ist er – an der Spitze des von ihm selbst 2002...