Die Zeit war reif

An der Bayerischen Staatsoper triumphieren Diana Damrau und Dirigent Constantinos Carydis in Offenbachs «Les Contes d’Hoffmann»

Wenigstens einmal im Leben wollte sie auf die Marathonstrecke. Wie sich ein Frauenautomat anfühlt, das hat Diana Damrau zwar vor zwölf Jahren schon einmal in Mannheim ausprobiert. Doch Olympia und Antonia und Giulietta und Stella, dieses Viererpack schulterte der Weltstar aus Günzburg nun erstmals an der Bayerischen Staatsoper. Kein Fall für die Regie-, wohl aber für die Musik-Annalen ist Jacques Offenbachs «Les Contes d’Hoffmann» in München.

Wenn allerdings eine Damrau die Tür zur neuen Karrierephase aufstößt, wenn ein Dirigent wie Constantinos Carydis mit dem Bayerischen Staatsorchester eine Starkstromleitung anzapft, wenn es überdies mit Angela Brower als Nicklausse und Muse eine Neuentdeckung zu bestaunen gilt, dann hat Regisseur Richard Jones Glück gehabt: Sein dünnes, gespieltes Märchenbuch wird zur zweitrangigen Angelegenheit.

Diana Damrau und Olympia, diese Paarung funktioniert quasi als Naturgesetz. In München sitzt sie als steifes, himmelblaues Disneypüppchen zwischen gemalten Kulissen, bestaunt von mindestens ebenso grellen Karikaturenwesen. Was sie treibt, ist eigentlich wider alle gesangspädagogische Vernunft. Kopf und Glieder ruckeln zu den aberwitzigsten Tönen. Ein ...

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Opernwelt Dezember 2011
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Markus Thiel

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