Die französische Romantik lebt
In Verdis «Don Carlos» hat die Macht eine Stimme. Doch anders als der Großinquisitor bleibt sein französischer Verwandter Kardinal Richelieu in diesem Stück stumm – ein dunkler Fürst, der nun, provoziert vom Marquis de Cinq-Mars, für einen Zeithauch ins Wanken gerät. Einiges erinnert bei Charles Gounod an das Kräfteviereck im populären anderen Werk.
Auch bei Gounod ist die Hauptperson zerrissen zwischen dem Hass auf einen diktatorischen Kirchenmann und einer verbotenen Liaison (mit Prinzessin Marie de Gonzague), verlassen kann sich der Marquis dabei auf den Beistand seines brüderlichen Freundes, des Consellier de Thou. 1877 kam der Vierakter «Cinq-Mars», der sich auf einen historischen Vorfall stützt, an der Opéra Comique heraus. Lyon, Brüssel, Mailand, Moskau und London interessierten sich bald dafür, bevor das Opus von den Spielplänen verschwand. Überlebt hat einzig die Arie «Nuit resplendissante», von Mezzos gern in Recitals als französische Extravaganz eingebaut.
Die Spurensucher des Palazzetto Bru Zane, das in Venedig beheimatete Zentrum für französische Romantik, haben das Opus in einer hochrespektablen Anstrengung – Partitur-Edition und CD-Aufnahme inklusive – wiederbelebt. ...
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Opernwelt März 2015
Rubrik: Magazin, Seite 86
von Markus Thiel
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