«Da gibt es noch Luft nach oben»
Jürgen Otten: Meine Damen, meine Herren, wie die Welt von gestern geklungen hat, das wissen wir durch Stefan Zweigs wunderbare Betrachtungen gleichen Namens. Wie aber klingt die Welt von heute? Klingt sie dissonanter? Disharmonischer? Und wenn ja, wohin wäre die Harmonie der Welt entwichen?
Gordon Kampe: Mein Gott – Harmonie! Jedes Stück hat ja ohnehin eine Harmonie, und jede Oper sucht sich zudem ihre eigene. Wenn die Dur-Moll-Tonalität gemeint ist … ja, in den letzten Bühnenwerken kommen auch ganz «normale» Harmonien vor.
Für mich bedeutet es die Möglichkeit, mit Menschen zu kommunizieren, die solche Harmonien vielleicht schon einmal gehört haben; ich habe da keine Berührungsängste mehr, im Gegenteil. Manche Geräuschtextur klingt mir mittlerweile fast älter.
Titus Engel: Auch mein Gefühl ist, dass gerade in der jüngeren Vergangenheit im Musiktheater zahlreiche Projekte eine Energie und eine Wärme in der Harmonik aufwiesen und bei Weitem nicht so schroff gewesen sind, wie dies noch zehn, fünfzehn Jahre zuvor der Fall war, als das Musiktheater häufig die Geste des Abweisenden besaß und man den Eindruck gewinnen musste, dass die Komponisten im Elfenbeinturm wohnen und mehr oder ...
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Opernwelt Jahrbuch 2025
Rubrik: Zeitgenössisches Musiktheater, Seite 100
von Jürgen Otten
Kurzfristig sprang Véronique Gens in Axel Ranischs Inszenierung von Prokofjews «Spieler» in Stuttgart ein und bestimmte gleich das Bühnengeschehen. «Sie singt und spielt mit einer sensationell vornehmen Präsenz und Haltung», schrieb unser Kritiker Götz Thieme. «Sie muss nur, gewandet in einen Pelz-Satin-Traum in Orange, die Beine übereinanderschlagen, unter ihrem...
Virginia Woolf, diese zartbesaitete, genialische, der Welt mit erstauntem Befremden gegenüberstehende Schriftstellerin, war sichtlich irritiert, als sie, es ist der Februar 1930, Besuch von einer alten Dame erhält, die unbedingt ihre Bekanntschaft machen wollte. «Gerade hatte ich mich hingelegt, da hörte ich ein kraftvolles Stapfen die Treppe hinauf, und siehe da,...
Man stelle sich das für eine Weltsekunde mal vor: Das Ende der Geschichte wäre da. Alexandre Kojève lässt es nur ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs in einer nachträglich hinzugefügten Fußnote seines gleichnamigen Buchs – Summe sämtlicher Hegel-Vorlesungen des russisch-französischen Philosophen zwischen 1933 und 1939 an der Ecole pratique des hautes études –...