Cupidos Vermächtnis
Am Anfang ist das dunkle, kalte Nichts. Der leere Raum vor schwarzglänzenden Brandschutzmauern. Nach funkelnder Operette sieht es kaum aus. Und das wird sich zunächst auch nicht ändern. Denn von der Seite schiebt sich ein Thespiskarren mit der Aufschrift «Varieté Vanitas» herein, gezogen von einem puttogleichen Wesen (Rüdiger Frank). Cupido ist’s, aber er ist nicht alleine. Auf dem Kutschbock sitzt, mit blutunterlaufenen Augen und schwarzer Kutte, Gevatter Tod (Wolfgang Häntsch). Wohlan, denkt man im Stillen, das kann ja heiter werden.
Wird es auch.
Nur eben ganz anders, als es der geneigte Operettenliebhaber erwarten würde. Stefan Herheims Augenmerk gilt generell den kulturellen, gesellschaftlich-politischen Kontexten, der Rezeptionsgeschichte eines Stücks. So auch in Jacques Offenbachs «Barbe-bleue», komponiert 1866, ein Jahr vor der Mexiko-Krise und Pariser Weltausstellung, im Schatten der Schlacht bei Königgrätz, die mit einer vernichtenden Niederlage für das Haus Habsburg endete. Es ist hilfreich, dies zu wissen. Wie ebenso, dass bereits der Spottvogel Offenbach seine Zeit mit süffisantem Blick karikierte, konkret: die Bigotterie jener «Bastardmonarchie», als die Alexis de ...
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Opernwelt Mai 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Jürgen Otten
Wie das von der Markgräfin Wilhelmine verantwortete Musiktheater aussah, sofern es nicht Opern eines Starkomponisten nachspielte, lässt sich an «L’Huomo» studieren. 1754 kam diese «Festa teatrale» im Markgräflichen Opernhaus heraus – eine Mischform, die Elemente der italienischen Opera seria ebenso aufgriff wie der französischen «Fête en Musique». Von Wilhelmine...
Herkulesaufgabe? Sisyphusarbeit? Man darf sich in der Beschreibung von Christian Merlins Jubiläumsgabe zur 175. Wiederkehr des Geburtstags der Wiener Philharmoniker durchaus aus dem Mythos der Antike bedienen. Natürlich könnte man auch Goethe zitieren: «Nur das Leichtere trägt auf leichten Schultern den Schöngeist. Aber der schöne Geist trägt das Gewichtige leicht...
Noch einmal bauscht der Vorhang zur Seite, und da stehen sie, jubelumbrandet, im Rosenregen: Gwyneth Jones, die erste Feldmarschallin, Brigitte Fassbaender, ihr Octavian, «Otti» Schenk, Jürgen Rose – eine Verbeugung vor dem Strauss-Dreamteam der 1970er-Jahre, eine Huldigung, bevor dieser «Rosenkavalier», Inszenierungsikone, lange von Carlos Kleiber dirigiert und an...
