Bars, Bordelle, Boxkampfhallen

Weill: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny London / Royal Opera House

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Es gibt am Premierenabend keinen Aufstand im Royal Opera House. Selbst als während der vorletzten Vorstellung der «Mahagonny»-Inszenierung von John Fulljames ein Kabelbrand an Covent Garden die Lichter löscht und im Opernhaus das Catering lahmlegt, beschwert sich niemand: Die schöne Ironie, die darin liegt, dass es zu einer Show über Whiskey bloß Leitungswasser gibt, wissen Kenner durchaus zu würdigen. Um London nachhaltig zu schockieren, braucht es ohnehin mehr als deftige Schimpfwörter, wie sie in Jeremy Sams kluger (auch komischer, und trauriger) Übersetzung auftauchen.

Auch dass Anne Sofie von Otter – eine Flasche Schnaps zwischen den Beinen – so tut, als pinkele sie auf Kurt Streit herab, kräuselt kaum eine Stirn: Der despektierliche Umgang mit Jimmys Leiche passt schließlich zu Leokadja Begbick.

Bühnenbildner Es Devlin lässt Brechts und Weills monströses Mahagonny aus einem liegengebliebenen Schwertransporter entstehen. Als die Sex- und Lohnarbeiter eintreffen, stapeln sich die Frachtcontainer schon zwölf Stockwerke hoch, die Seitenwände abgeschält. Ein wahrer Kaninchenbau aus Bars, Bordellen, Boxkampfhallen. Mahagonnys Gesetze sind Ungesetze, wie jeder weiß, die Regeln nicht ...

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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Anna Picard

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