Aus dem Geiste Brechts
All jene Inszenierungen von «Tristan und Isolde», die wirklich in die Interpretationsgeschichte eingegangen sind, bedienen Wagners äußerlich so aktionsarme «Handlung» und ihren hochromantisch gestimmten Lobpreis der Nacht mitnichten. Die feministische Kommunistin Ruth Berghaus verbot ihren Darstellern in Hamburg gar dezidiert jegliche Geste des Verliebtseins und verlegte das Geschehen kurzerhand in kosmische Sphären.
Auch ihr linker Ostberliner Schriftstellerkollege Heiner Müller zwängte seine Wagnerheroen in Bayreuth ins choreographische Korsett, schaltete zum Höhepunkt des Liebesduetts dann einfach das Licht aus.
Noch einen Schritt weiter ging nun Tiago Rodrigues in Nancy und wendete die Maximen des epischen Theaters mit maximaler Konsequenz (glücklicherweise nicht ideologisch verengend, sondern mit einigem Humor) auf das kompositorisch kühnste Opus des Gesamtkunstwerkers an. Dabei gerät das Gipfeltreffen von Richard Wagner und Bertolt Brecht glückvoll. Tiago Rodrigues inszenierte an der Opéra national de Lorraine seine erste Oper überhaupt und wagte gleich eine Extraportion an emotionaler Distanzierung. Der portugiesische Schauspieler, Dramaturg, Regisseur und aktuelle ...
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Opernwelt März 2023
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Peter Krause
Von den komponierenden Söhnen Johann Sebastian Bachs hat es Johann Christoph Friedrich, der zweitjüngste, nur zu bescheidener Anerkennung gebracht. 1750 trat der gerade 17-Jährige als Cembalist und Kammermusiker in den Dienst des im niedersächsischen Bückeburg residierenden Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe, wurde dort 1759 Konzertmeister und begnügte sich mit...
Diese Oper war sein Schmerzenskind. Düster war dieses Kind, «weil es düster sein muss» (so der Schöpfer am 2. Februar 1881 an den Lebensfreund Opprandino Arrivabene), durchtränkt von einer zutiefst pessimistischen Menschensicht und versehen mit einem aus drei Tintenfässern stammenden Libretto, das Eduard Hanslick anlässlich der Wiener Erstaufführung ein Jahr nach...
Roms Glaube ohne Worte!» wollte Friedrich Nietzsche in Richard Wagners «Parsifal» gehört haben, nachdem er vom Verehrer zum Intimfeind des Bayreuther Meisters mutiert war und auf dessen kunstreligiöse Anwandlungen nebst Keuschheitsethik nur mehr mit Bissigkeit antworten konnte. Um die böse Sentenz des Philosophen bloß nicht zu bestätigen, tilgt Michael Thalheimer...