Altersstil? Von wegen

Auch mit 85 sucht Nikolaus Harnoncourt jeden Tag die Herausforderung – zum Beispiel bei Mozart oder in seiner Holzwerkstatt

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Der erste Griff galt der Hand von Konzertmeister Erich Höbarth, der zweite einem Hocker in der Mitte des Podiums, den er missmutig zur Seite rückte. Gelegenheit zum Sitzen, zum Ausruhen, so etwas braucht Nikolaus Harnoncourt nicht. Im vergangenen Sommer ist das passiert, bei den Salzburger Festspielen. Und der Abend mit den drei letzten Mozart-Symphonien belegte noch etwas anderes: Altersstil oder -milde, das sucht man bei ihm vergeblich.

Noch unbedingter, noch schrundiger, noch aufregender sind seine Deutungen geworden, auch, weil da nun der Concentus Musicus sitzt und nicht (wie bei seiner bisherigen Referenzaufnahme) das Concertgebouw Orchestra.

Am 6. Dezember, eben dem Nikolaustag, feiert Harnoncourt seinen 85. Geburtstag. Ungebrochen sind seine Neugier, sein Temperament, seine Detailwut, die sich übrigens nicht nur auf die kleinen schwarzen Punkte mit den Hälsen erstreckt. Wer ihn in den Wochen vor dem großen Tag besucht, in seinem uralten ehemaligen Pfarrhaus unweit des österreichischen Attersees, dem kann es passieren, dass er zunächst einmal in die Werkstatt gelotst wird. Eine Reihe von Holzstühlen steht da an der Wand. Auf der Werkbank liegt schon die nächste Rückenlehne. ...

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Opernwelt Dezember 2014
Rubrik: Magazin, Seite 70
von Markus Thiel

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