Alles erbebt vor dem Herrn
Alles ist hier Überbietung.
Hatte 1702 André Campra im ersten Akt seines «Tancrède» eine von gleich zwei duettierenden tiefen Männerstimmen angeführte große Schwur-und Racheszene auf die Bühne gebracht, die im Eklat einer Totenbeschwörung kulminierte (der Zauberer Isménor lässt die verstorbenen Sarazenenkönige aus ihren Gräbern steigen und gibt damit das ultimative Signal zum Kampf gegen Tancrède), so inszenieren Michel Pignolet de Montéclair und sein Librettist Simon-Joseph Pellegrin in deutlicher Referenz an Campra im ersten Akt ihres Stücks gleich zwei das Wunderbare herbeizwingende Ereignisse. Jephté und der Hohepriester Phinée, zwei heroisch timbrierte Baritone, schwören die Israeliten in einer groß angelegten doppelten Klimax auf den Kampf gegen die Ammoniter ein.
Am Beginn ein oratorischer a-cappella-Chor; der unerbittliche und zugleich bebende Marschtritt der Mannschaft im Wechsel mit den Protagonisten («La terre, l’enfer, le ciel même/Tout tremble devant le Seigneur»); das Wunder der göttlichen Wolke, die sich auf die Bundeslade senkt; kriegerische Ballette, in einen Doppelchor mündend; Jephtas fataler Schwur; am Ende der zweite Einbruch des merveilleux: Der Jordan teilt ...
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Opernwelt Mai 2020
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 30
von Klaus Heinrich Kohrs
Theaterdämmerung in Paris
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