Ein drei Tonnen schwerer Abgrund

Das Theater Bonn präsentiert Erich Kästners „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ mit einem Einheitsbühnenbild: ein aus Stahl und Holz errichteter Krater. Es versinnbildlicht den „Tanz auf dem Vulkan“ im Berlin der Weimarer Republik. Kombiniert mit Requisiten, aufwendigen Kostümen und kreativem Spiel entstehen in diesem abstrakten Aufbau die Schauplätze vor dem inneren Auge des Publikums

Bühnentechnische Rundschau - Logo

Hinein in das Berlin zur Zeit der Weltwirtschaftskrise am Ende der 1920er-Jahre entführt diese Produktion die Zuschauer. Die Textgrundlage bietet Erich Kästners Roman „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“, der erst 2013 postum in der Originalfassung erschien, nachdem er 1931 in zensierter Form unter dem Titel „Fabian – Die Geschichte eines Moralisten“ herausgegeben worden war.

Wie Kästner im Jahr 1950 schrieb, hatte er mit dem ursprünglichen Titel schon auf dem Buchumschlag die Intention des Romans deutlich machen wollen: eine Warnung vor dem Abgrund, dem sich Deutschland und damit Europa näherten. Diesen Abgrund stellt Oliver Helf mit seinem Bühnenbild am Bonner Schauspielhaus explizit dar. Ein Konstrukt aus Stahl und Holz nimmt die Bühne über die gesamte Breite ein und beinhaltet eine Mulde, die zu vielseitigen Interpretationen einlädt: als Hexenkessel, Vulkan, Krater, Strudel, Unterwelt und Sinnbild weiterer Absturzgefahren.

Martin Laberenz hat in seiner Inszenierung für sieben Darsteller:innen auf einige Romanfiguren verzichtet und die Szenenfolge leicht verändert. Kernelement der Handlung ist, dass der 32-jährige Fabian (Christian Czeremnych), von Beruf Propagandist, es gerade ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent der Bühnentechnischen Rundschau? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Bühnentechnische-Rundschau-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Bühnentechnische Rundschau

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

BTR 6 2023
Rubrik: Produktionen, Seite 20
von Juliane Schmidt-Sodingen

Weitere Beiträge
Neue und offene Räume schaffen

Alle vier Jahre veranstaltet die ABTT (Association of British Theatre Technicians) in London die ITEAC (International Theatre Engineering and Architecture Conference). Alle vier Jahre spricht und diskutiert man über die neuesten Entwicklungen und Veränderungen rund um die weltweit entstehenden oder zu erneuernden Kulturbauten und deren Nutzungen. Für die sich...

Ein Theater und sein Platz

Das Théâtre de la Ville liegt im Herzen von Paris, direkt an der Seine. Mit dem Fluss im Rücken steht der nun 160 Jahre alte Bau rechter Hand eines Platzes, der direkt gegenüber das Théâtre du Châtelet beherbergt. Und dieser Place du Châtelet ist Teil eines sehr symbolischen Kulturprojekts an der Seine, denn das gesamte Areal soll nun der Kunst gewidmet werden....

Barock für heute

Bayreuth ist nicht nur für Wagner-Freunde interessant, sondern birgt auch das größte noch erhalten gebliebene barocke Hoftheater: Nach der Aufnahme als kulturelles Erbe der Menschheit in die UNESCO-Welterbeliste 2012 sowie der anschließenden Sanierung, Renovierung und Gestaltung des Markgräflichen Opernhauses bis 2018 (BTR-Sonderband 2017 und BTR 3/2018) wurde es...