Who wants to live forever?

Florentina Holzinger und Ensemble denken in «A Year without Summer» über die Zukunft von Leben und Tod nach

Theater heute - Logo

So viel Unbescheidenheit muss sein: In einer frühen Szene porträtiert sich Florentina Holzinger als Göttin. Vor einem gigantischen, hüpfburgartig aufgeblasenen Frauentorso, der Gustave Courbets berühmtem Gemälde «L’origine du monde» nachempfunden ist, hockt sich die Regie führende Performerin auf einen Schemel und stöhnt, als wäre sie in den Wehen. Um sich versammelt ihr Ensemble aus Stunt- und Body-Künstler:innen wie Hebammen, die weißen Arztkittel locker über den nackten Körpern geöffnet: «Breathe in, breathe out!», mahnen sie im Chor.

Eine Kamera richtet sich auf Holzingers Oberschenkel, den eine mit drei Stichen genähte Wunde ziert; die Projektion ist in Vergrößerung auf zwei Screens am Portal zu sehen. Aus dieser Wunde, die eine Mitspielerin mit spitzer Schere öffnet, «gebiert» Holzinger einen winzigen gläsernen Embryo – wie Zeus einst Dionysos.

«It’s a musical!», jubelt Florentina Holzinger, als ihr das Püppchen gereicht wird, und löst damit eine Kaskade von Tänzen, Songs und Shownummern aus, die allesamt den weiblichen Körper feiern – in seiner Ambivalenz von lebensspendender Kraft und tödlicher Verletzlichkeit. Etwas prosaischer ließe sich «A Year without Summer» auch als ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juli 2025
Rubrik: Aufführungen, Seite 10
von Eva Behrendt

Weitere Beiträge
Pläne der Redaktion/Impressum 7/25

Mit dem Motto «V is for LoVe» steht Milo Raus Freie Republik Wien bei den dortigen Festwochen unter heftigem Gefühlsdruck. Wie viel freie Liebe hat die Kunst?

Bettina Schmidt ist eine verspielte Person, sagt sie selbst, und genauso geht sie auch an ihre Rollen heran: ein Porträt

Wie sieht der American Dream aus der Sicht von Migrant:innen aus? Und was bedeutet es,...

Im Selfie-Modus

Was sehen wir, wenn wir in den Spiegel blicken? Folgt man dem Philosophen Boris Groys, dann muss die naheliegendste Antwort auf diese Frage brüsk zurückgewiesen werden: Natürlich nicht uns selbst! Das war schon immer ein Irrtum, findet Groys, dessen Beweisführung in «Zum Kunstwerk werden» beim mythischen Narziss abspringt, um zielsicher beim Selfie zu landen....

Wokeness läuft am besten

Noch ein Sprint zum Schluss. Ulrich Khuon kennt die Langstrecke, dreizehn Jahre Konstanz, sieben in Hannover, neun am Thalia und 14 am DT – da lief quasi schon die Verabschiedungsfeier in den Ruhestand, als die Mail aus Zürich eintraf. Nochmal ganz was Neues: ein Jahr, keine zweite Chance, kein Turnaround in der dritten Spielzeit. Es sei wie «die Eigernordwand...