Gibt es Tendenzen?
Fünf Kritikerinnen und Kritiker bilden das Auswahlgremium der Mülheimer Theatertage. Einer davon fungiert als «Sprecher». Ihm kommt unter anderem die ehrenvolle Aufgabe zu, sich auf der Pressekonferenz zur Auswahl den Fragen der Kollegen zu stellen. Wobei Fragen fast schon zu viel gesagt ist. In der Hauptsache handelt es sich um eine einzige Frage, und der Sprecher des Auswahlgremiums ist gut beraten, wenn er darauf eine Antwort parat hat.
Die Frage lautet: «Welche Tendenzen gibt es in der Gegenwartsdramatik?»
Obwohl ich zwar Mitglied des Auswahlgremiums, dieses Jahr aber nicht sein Sprecher bin, werde ich hier versuchen, die Frage zu beantworten. Aber nicht, ohne mich vorab wenigstens halbherzig davon zu distanzieren. Denn natürlich impliziert die Frage auch, dass die Mülheimer Auswahl solche Tendenzen – wenn es denn überhaupt welche gibt – abbildet. Das aber tut sie nur bedingt. Best-of-Festivals wie Mülheim oder das Theatertreffen werden ja nicht kuratiert, sondern nominiert. Eingeladen werden nicht die Stücke oder Inszenierungen, die inhaltlich oder ästhetisch am besten zusammenpassen (um auf diese Weise beispielsweise bestimmte Tendenzen aufzeigen), sondern schlicht jene, für ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute Mai 2012
Rubrik: Neue Stücke in Mühlheim, Seite 45
von Wolfgang Kralicek
Die erfreulichen Umstände, die für Anne Lepper zufällig alle Anfang des Jahres aufeinandertrafen, legten dumme Wörter nah. «Shooting Star» zum Beispiel. Zwei Ur-Inszenierungen innerhalb von drei Tagen in der ersten Januarhälfte, ein drittes Stück wurde Anfang März als Hörspiel im WDR ausgestrahlt, dann die Nachricht von der Einladung der Bielefelder Inszenierung...
Jugend will Protest und Anarchie – in allen «Räuber»-Inszenierungen seit 1782. Den Ton der Jugend muss man treffen, den ewigen und den tagesaktuellen. Der polnische Regisseur Jan Klata zielt in seiner Bochumer Inszenierung danach. Und trifft Ton und Bild der Rockmusik. Die schwarzweißen Videoclips von The Battles (Tonto), Woodkid (Iron) und Lana Del Rey (Born to...
Er habe das Stück 2004 «unter dem Eindruck der Folter-Fotos aus Abu Ghraib» geschrieben, erklärt Bruce Norris im Programmheft und wirft die Frage auf, warum er seine zwischen allen Genres lavierende sozialkritische Imperialismuskomödie dann ausgerechnet in Afrika spielen lässt. Die als Weltpolizei gebrandmarkte Supermacht gehört dort ausnahmsweise mal nicht zu den...