Dortmund Theater

Kopf ab nach zwanzig Minuten nach Michail Bulgakow «Der Meister und Margarita»

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Berlioz, nicht der Komponist, sondern der Redakteur und Kritiker gleichen Namens, verliert seinen Kopf auf Seite 61 des Romans und nach etwa zwanzig Minuten auf der Bühne. Diesen kost­baren Kopf, in dem so viel Bedenkenswertes gedacht wurde, muss der Kritiker, wie der Bulgakow-Leser weiß, dem modernen Straßenverkehr opfern, der auch im kommunistischen Moskau der dreißiger Jahre vor dem Geist nicht Halt macht.

Oder sollte man doch lieber, wie der rätselhafte deutsche Professor Voland (alias Satan) es prognostisch empfahl, das von einer gewissen Anusch­ka verschüttete Sonnenblumenöl, auf dem Berlioz ausrutscht, für den jähen Tod des Intellektuellen verantwortlich machen?

Wie dem auch sei, die ersten 20 Minuten vergehen in Dortmund recht langsam. Allzu hölzern und popanzmäßig stehen bzw. sitzen Berlioz und der Lyriker Besdomny auf der Vorbühne herum, und man merkt deutlich, dass den Regisseur Kay Voges, der auch die Spielfassung geschrieben hat, weniger der Disput zwischen den beiden Literaten interessiert als das Spektakel, das alsbald anhebt. Wenn nämlich der magische Kubus zu rotieren beginnt, den Daniel Roskamp mit Varietétreppchen, cremefarbener Couchgarnitur, einem Klo, einer ...

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Theater heute Mai 2012
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Martin Krumbholz

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