Die Puppe in der Puppe in der Puppe
Es ist eins der bestechendsten Kapitel in Michail Bulgakows Kultroman «Der Meister und Margarita»: Woland, der deutsche Teufel auf Besuch in Moskau, hat es mit seiner Entourage bis auf die Bühne des Varieté-Theaters geschafft, um dort seine Schwarze Magie zu zelebrieren. Er lässt Geldscheine vom Himmel regnen, die sich die Pu -blikumssozialisten gierig aus den Händen reißen, und lädt zum Kleidertausch ein: Guerlain, Chanel, Abendroben, Cocktailkleider gegen das biedere Stalin-Grau im Parkett. Die Frauen stürzen sich auf die Bühne und verwandeln sich in sexy Kapitalistinnen.
Michael Lokshin, der in Russland aufgewachsene amerikanische Regisseur, der sich dezidiert gegen Putins Kriegsführung zu Wort gemeldet hat, setzt dieser unterhaltsamen Entlarvung der Conditio humana noch ein kleines Hütchen auf:
Er schickt auch einen Mann auf die Bühne, der sich in ein schulterfreies Abendkleid wirft. Es sind diese kleinen Erweiterungen, mit denen Lokshin seinen in einem imaginären Moskau unter sozialistischer Diktatur spielenden Film in die Echokammern des homophoben Putin-Russlands transportiert.
Bulgakow schrieb seinen Regime-kritischen Roman zwischen 1928 bis zu seinem Tod 1940, ...
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Theater heute Mai 2025
Rubrik: Magazin, Seite 70
von Barbara Burckhardt
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