Der verwandte Migrant

Arthur Miller «Blick von der Brücke» am Schauspiel Frankfurt

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Eddie Carbone gehört zur italienischstämmigen Community der Hafenarbeiter in Brooklyn, könnte aber auch im Duisburger Rheinhafen arbeiten. Dass Arthur Miller «A view from the bridge» in den 1950er Jahren geschrieben hat und einen bodenständigen Hafenarbeiter ins Zentrum einer Tragödie mit migrantischem Hintergrund stellt, passt aber auch deshalb in die aktuelle amerikanische wie bundesrepublika -nische Realität, weil er mittels einer New Yorker Familie archetypische Verhaltensweisen einer Gemeinschaft verhandelt, deren Welt in eine xenophobe Schieflage gerät.

Zwei Fremde tauchen in Eddies Familie auf und stellen anscheinend eine Bedrohung dar. Besonders pikant an der Sache: Sie sind enge Verwandte und versuchen denselben Weg des sozialen Aufstiegs einzuschlagen wie Eddie einige Jahrzehnte zuvor, als er die verarmte Stiefelsohle Italiens hinter sich ließ. Dass die Cousins der Ehefrau vorübergehend bei den Carbones logieren, könnte gefährlich für die Kernfamilie werden, wenn die New Yorker Im -migrationsbehörde Wind von den illegalen Arbeitskräften bekäme. Eddie will die Seinen schützen, und es ist nachvollziehbar, dass er ein aggressives Territorialverhalten entwickelt. Dass er von ...

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Theater heute April 2025
Rubrik: Chronik, Seite 57
von Jürgen Berger

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