Der transformative Wald
In Shakespeares Komödie «Wie es euch gefällt» ist nichts so, wie es scheint. Männer können Frauen sein und Frauen sich in Frauen verlieben, und Herrscher können zu Heimatlosen werden. Zum sanften Geleit in die Sommerpause hat Nurkan Erpulat die Beziehungskomödie am Staatstheater Wiesbaden inszeniert – und sich damit erstmals in der hessischen Landeshauptstadt vorgestellt.
Um dem eher konservativen Publikum umgehend den Spiegel vorzuhalten, stellen Erpulat und sein Team der Komödie einen ironiesatten Prolog voran: Sibylle Weiser, schon in Kniebundhosen und mit weißer Halskrause ausstaffiert, spricht eine Triggerwarnung aus, der sie eine Triggerwarnung voranstellt. Schließlich schätzt das ja nicht jede:r, wenn schon wieder etwas Neues aus heiterem Himmel kommt – oder aus dem Wald. Zu queer wird es nicht werden, verspricht Weiser, aber Wald gibt es halt schon, und auch andere Dinge, die einem aufstoßen könnten. Fliegende Identitätswechsel beispielsweise, hier, am Beginn der Renaissance, wo der Individualismus in den Startlöchern steht und jede:r denkt: «He, ich bin doch auch jemand!»
Ganz im Sinne dieser Erkenntnis konfrontieren Erpulat, Bühnenbildnerin Gitti Scherer und ...
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Theater heute Oktober 2025
Rubrik: Chronik, Seite 62
von Esther Boldt
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