Dem Mythos entkommen

Amir Gudarzi «Als die Menschen Götter waren»

Theater heute - Logo

Amir Gudarzi kritisiert das verbreitete Bedürfnis, seine Werke mit der Herkunft ihres Autors erklären zu wollen und die Nationalitäten, die ihm daraufhin zugeschrieben werden: «der iranische Dramatiker», «der iranisch-österreichische Autor», «der talentierte Exildramatiker», «der Exil-Iraner», «der österreichische Autor». Tatsächlich gibt es kaum etwas, das weniger über sein Schreiben aussagen könnte als ein bestimmter nationalstaatlicher Bezug. Gudarzi schildert eine Welt, in der jedes noch so regionale Detail in komplexe globale Zusammenhänge eingebunden ist.

Er verknüpft das Weit-entfernt-Liegende mit dem ganz Nahen und das Zukünftige mit dem Vergangenen. Er löst die Chronologie der Ereignisse in einem Netz historischer Wechselwirkungen auf, spannt den Handlungsfaden über weite Zusammenhänge, die von den einzelnen Figuren kaum zu durchschauen, geschweige denn zu steuern sind, und stellt ihnen mit gleichberechtigter Stimme Berge, Flüsse, längst verstorbene Persönlichkeiten oder mythologische Gestalten zur Seite.

Wenn Gudarzi nationalstaatliche oder religiöse Narrative zum Thema macht, konfrontiert er sie mit den globalen historischen Zusammenhängen, in die sie verstrickt sind, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2023
Rubrik: Neue Stücke, Seite 150
von Franziska Betz

Weitere Beiträge
Die individuelle Systemfrage

Vieles fühlt sich für mich nicht wie «Verzicht» an, sondern eher wie eine Serie von Entscheidungen für ein stressfreieres und gesünderes Leben. «Verzicht» ist ein Wort, das vielen Menschen Angst macht. Die Diskussion um ein klimagerechteres Leben wird meist so geführt, als wäre unser Wohlstand und unser sorgenfreies Leben in Gefahr. Dabei verzichten wir schon heute...

Impressum Jahrbuch 23

Theater heute

Die Theaterzeitschrift im 64. Jahrgang Gegründet von Erhard Friedrich und Henning Rischbieter

Herausgeber
Der Theaterverlag – Friedrich Berlin

Redaktion
Eva Behrendt
Franz Wille (V.i.S.d.P.)

Redaktionsbüro
Katja Podzimski 

Gestaltung
Christian Henjes 

Redaktionsanschrift
Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße 24, 10785 Berlin, Telefon 030/25 44 95 10, Fax...

Gegen die Zeit

Die Frage nach Verzicht in der Kunst, im Theater ist äußerst vielschichtig. Das Problem lässt sich hier nicht erschöpfend behandeln. Theater kann viele exzessive Facetten haben und sich dadurch der Gegenwart mit ihrem Fokus auf (neo -liberales) Effizienzdenken, soziale Verantwortung und ökologische Ethik widersetzen. Dass es gegen die Zeit steht, ist schon...