Das Ibsen-Woodstock
Der Regisseur Vegard Vinge und die Bühnenbildnerin Ida Müller brachten 2009 bei den Festspielen in Bergen ihre dritte norwegische Ibsen-Inszenierung heraus. Für mich wurden diese zehn Tage, an denen die «Wildente» in immer neuen Versionen und Überlängen gespielt wurde, das größte Theatererlebnis meines Lebens. Vieles, was in ihrer jüngsten Berliner Arbeit «John Gabriel Borkman» im Prater der Volksbühne zu sehen ist, war in der «Wildente» bereits angelegt.
Umgekehrt kamen in der ersten Arbeit von Vinge/Müller, die ich gesehen habe – einer Performance in ihrem damaligem Atelier in Berlin-Pankow – die entscheidenden Elemente schon vor: An den Wänden hingen Comic-artige Popart-Bilder von abgetrennten Geschlechtsorganen, Babys oder weißen Badezimmerfliesen. Opernarien erklangen. Eine Frau mit einer Gummimaske bewegte sich zwischen den etwa 20 Zuschauern, in den Händen eine Torte und eine Schlagsahnensprühdose. Im Nachbarzimmer saß ein Mann in der Uniform eines Sergeanten. Am Ende der kleinen Vorstellung lag die Frau mit hochgezogenem Rock und gespreizten Beinen auf dem Boden.
Als die Festspiele in Bergen vor der Tür standen, hatten Vegard Vinge und Ida Müller bereits zwei ...
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Theater heute Mai 2012
Rubrik: Theatertreffen Berlin, Seite 28
von Therese Bjørneboe
Es klingt wie eine Beschwörung: «Was sie sagen, ist nicht wahr», heißt es in der gewohnt ausführlichen Regieanweisung zu Franz Xaver Kroetz’ Kinderschänder-Drama «Du hast gewackelt. Requiem für ein liebes Kind». Der Autor warnt vor der Suggestivkraft der eigenen Worte. Sein Drama ist komponiert als bizarre, mehrstimmige Rechtfertigungslitanei. Zu Wort kommen allein...
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Die drei Männer mit dem Dauergrinsen verbreiten schon in der dreißigsten Minute bräsige Behäbigkeit und inkontinente Ironie, als sich dann doch etwas tut. Man hatte alle Zeit der Welt. Sportliche Provokation von Zuschauergeduld und latentes Versprechen eines herausgezögerten Vorhabens hielten sich zwar in einigen guten Momenten die Waage, aber meist wurde jeder...