Das große Stimmengewirr
Kein Grund zum Optimismus für Anhänger der Französischen Revolution: Frank Castorfs Dresdner Sieben-Stunden-Marathon «Dantons Tod» beginnt gleich mit ihrem endgültigen Scheitern, dem Bericht von Napoleons Machtübernahme. Die Szene ist ein gemütliches Pariser Café-Restaurant, das «Ancien Procope», laut Eigenwerbung das älteste durchgehend geöffnete Kaffeehaus der Welt, gegründet 1686 und ein Zentrum des literarischen und philosophischen Lebens des 18. und 19. Jahrhunderts in der 13, Rue de l’Ancienne Comédie, gerne besucht von Voltaire, Diderot oder Rousseau.
Auch Marats Club de Cordeliers hat sich dort regelmäßig getroffen. Die einstige Hochburg der Aufklärung, seit 1962 unter Denkmalschutz, bietet auch heute noch bürgerliche Küche zu bezahlbaren Preisen. Gleich nebenan befindet sich auf der Bühne ein niedlicher kleiner Laden mit der kinderbunten Aufschrift «L’object qui parle», bei näherem Hinsehen allerdings ein gediegenes Waffengeschäft mit einer beeindruckenden Auswahl von Gewehren und automatischen Mordwerkzeugen an den Wänden. Was das «Ding» hier «spricht» in Alexander Denics wie immer raumgreifendem Bühnenbild, das sich im Staatsschauspiel auch anmutig drehen, heben und ...
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Theater heute Juni 2025
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Franz Wille
Angeblich habe sich Bertolt Brecht bei der Konzeption des Epischen Theaters vom antinaturalistischen Gestus der Peking-Oper inspirieren lassen. Yida Guo, in China geborener aber seit längerem in Hamburg lebender Regisseur, nimmt dieses Gerücht im Programmheft von «Der gute Mensch von Sezuan» in der Werkstattbühne der Thalia-Außenstelle Gaußstraße auf, allerdings...
Was ist das denn? Keine Personenangabe. Keine Orts- und Zeitangabe. Stattdessen eine 4-Spalten-Tabelle mit Nummerierungen von 1 bis 241 – und das gleich zwei Mal: Eben «2×241 Titel doppelt so gut wie Martin Kippenberger» von der Frankfurter Hauptschule. Und zwei Regieanweisungen: «Gesprochen» steht über der einen Spalte, «Projiziert» über der anderen.
Ein paar...
Auf den ersten Blick scheint es dem israelischen Dramatiker Hanoch Levin um die Komödie einer dezent gestörten Familie zu gehen, als er Spielfiguren ins Rennen schickte, die entfernte Verwandte von Becketts existenzialistischen Vergeblichkeitsclowns sein könnten. Das war 1972, Israels Premierministerin hieß Golda Meir, und der Sechstagekrieg, in dessen Verlauf...
