Böhmen am Meer

Jaroslav Rudis «Anschluss»

Theater heute - Logo

Seitdem Shakespeare in seinem «Wintermärchen» Böhmen kurzerhand am Meer angesiedelt hatte («Bohemia. A desert country near the sea»), spukt der Mythos jener utopischen Landschaft durch die europäische Literaturgeschichte. Am Ende seines neuen Stücks lässt auch Jaroslav Rudiš Böhmen und Sachsen im Meer versinken, und nur ein Ort, der «Teufelsberg», ragt noch aus dem Wasser.

Rudis selbst ist ein Grenzgänger zwischen den Sprachen und Kulturen; aus dem böhmischen Lomnice nad Popelkou stammend, lebt der Autor inzwischen in Berlin, und auch sein neuester Roman «Winterbergs letzte Reise» ist von ihm in Deutsch verfasst. Rudis ist aber auch ein Grenzgänger zwischen den Künsten, er textet für Graphic Novels wie «Alois Nebel», ist als Sänger mit der «Kafka Band» unterwegs. In der Literatur ist er ein Grenzgänger zwischen den Genres. Sein Erfolgsroman «Nationalstraße» handelt von der Tragödie und der Lebenslüge eines Polizisten, der sich als ehemaliger Revolutionär ausgibt und am Ende grausam stirbt, und ist doch gleichzeitig von schweijkhafter Komik durchdrungen. Mit «Anschluss» stellt Rudis schon im Titel die Bezüge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts her, bricht diese aber sofort in seiner ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2019
Rubrik: Neue Stücke, Seite 177
von Jörg Bochow

Vergriffen
Weitere Beiträge
Weltverbesserer oder Weltverschlechterer?

Die verflochtene Familien-, Finanz- und Wirtschaftsgeschichte «Habgier, Angst & Hoffnung. Zehn Jahre in Europa» des belgischen Autors, Regisseurs und Theaterleiters Stijn Devillé spannt einen großen Bogen von den Anfängen dieses Jahrhunderts bis zur Gegenwart und beginnt im ersten Teil seiner Trilogie («Habgier») mit einer Erzählung aus ungewohnter Perspek­tive....

Kunst aus der Vogelperspektive

Was haben ein Dreckspfau, ein Spatz, ein Bussard, eine Rauchschwalbe, ein Zilpzalp, eine Feldlerche, eine Krähe, vier unterschiedliche Arten Meisen, ein Flamingopärchen, eine Pute, ein Huhn & eine Henne, eine weiße Taube und natürlich der titelgebende Bookpink, plattdeutsch für Buchfink, gemeinsam? Sie sind menschlich, allzu menschlich. 

Caren Jeß’ federführendes...

Die Frau als Nebenfigur

Popeye, der Seemann, raucht Pfeife, ist tätowiert und hat mehr Kinn als Gesicht. Dank des Spinats aus der Dose wachsen ihm Muskeln, von denen selbst die fleißigsten Bodybuilder in den Fitnesstempeln nur zu träumen wagen – Popeye, das ist geballte Männlichkeit pur. Seit 1929 macht er die Weltmeere sicher, rettet seine Olivia oder kämpft gegen «Japanazis». In Sivan...