Bochum: Schauspielhaus
Jugend will Protest und Anarchie – in allen «Räuber»-Inszenierungen seit 1782. Den Ton der Jugend muss man treffen, den ewigen und den tagesaktuellen. Der polnische Regisseur Jan Klata zielt in seiner Bochumer Inszenierung danach. Und trifft Ton und Bild der Rockmusik. Die schwarzweißen Videoclips von The Battles (Tonto), Woodkid (Iron) und Lana Del Rey (Born to die) sind die akustischen und optischen Grundlagen der Inszenierung. (Das Programmheft empfiehlt sie.
)
Vor einer orgelartigen Wand von riesigen Metallröhren, in einem Wald von weißen Lichtstelen stehen sprungbereit fünf Männer mit nackten, vollständig tätowierten Oberkörpern, behängt mit allerlei martialischen Accessoires (Bühne und Kostüme: Justyna Łagowska). Im Wechsel von chorischen Hassgesängen und rhetorischen Soloarien küren sie Karl Moor (Felix Rech) zu ihrem Hauptmann. Franz Moor (Florian Lange) dagegen, ein schwitzender Weichling, steckt korsettiert im grauen Anzug und umschleimt den alten Moor (Andreas Grothgar), einen in seiner eigenen Welt verkapselten Tai-Chi-Kämpfer, dem die Pfeile des Geschickes schon fakirartig im Rücken stecken.
Gegen die metallenen Seitenwände rennen die Räuberrebellen mit lustvoller, ...
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Theater heute Mai 2012
Rubrik: Chronik, Seite 56
von Gerhard Preußer
Angesichts der großen Erregung, die jedesmal durch die Gesellschaft geht, wenn ein Fall von Kindesmissbrauch publik wird, ist es erstaunlich, wie ungestraft große Dichter davonkommen, wenn sie solchen Neigungen im wirklichen Leben oder in ihren Texten nachgehen. Dass Edgar Allen Poe seiner 13-jährigen Cousine nachgestellt hat und sie schließlich heiratete, ist...
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Es klingt wie eine Beschwörung: «Was sie sagen, ist nicht wahr», heißt es in der gewohnt ausführlichen Regieanweisung zu Franz Xaver Kroetz’ Kinderschänder-Drama «Du hast gewackelt. Requiem für ein liebes Kind». Der Autor warnt vor der Suggestivkraft der eigenen Worte. Sein Drama ist komponiert als bizarre, mehrstimmige Rechtfertigungslitanei. Zu Wort kommen allein...